Lieber heimlich schlau: XXXLutz feiert den 80er
© Martina Berger
RETAIL Redaktion 14.03.2025

Lieber heimlich schlau: XXXLutz feiert den 80er

Unternehmenssprecher und Werbeprofi Thomas Saliger über das Erfolgsrezept des Welser Möbelhändlers.

••• Von Chris Radda und Paul Hafner

Die Geschichte der XXXLutz KG beginnt 1945 in Haag am Hausruck, wo Gertrude Seifert, jüngste Tochter der angesehenen Arztfamilie Lutz, am 31. Oktober ein kleines Möbelgeschaft unter dem Namen „Lutz Möbel” eröffnet. In der eigenen Werkstätte entstehen kunstvoll bemalte Bauernmöbel, mit der Zeit werden renommierte Häuser wie das „Weiße Rössl” am Wolfgangsee als Kunden gewonnen. Über die Umstellung vom Kunstgewerbe auf die Herstellung günstigerer Möbel in größerer Stückzahl wird im Laufe der Jahre aus einem kleinen Möbelhaus ein landesweit bekannter, von Wels aus operierender Möbelhändler, der infolge eines Generationenwechsels in den 1970ern einen noch konsequenteren Expansionskurs einschlägt, der sukzessive an Fahrt aufnimmt.

Im Deloitte Retail Report 2024 rangiert der heutige Weltkonzern, der seit 1999 selbstbewusst als XXXLutz firmiert, mit über sechs Mrd. € Umsatz auf Platz 180 unter den größten Einzelhändlern der Welt – eine Verbesserung um 23 Plätze gegenüber dem Vorjahr.
Nachdem man im Jänner die Übernahme der Porta-Gruppe mit ihren 140 Standorten in Deutschland, Tschechien und der Slowakei bekanntgab, wurde vergangene Woche verkündet, dass auch die polnische BRW Group zur Gänze geschluckt werden soll. Wesentlichen Anteil am anhaltenden Erfolgslauf hat Thomas Saliger, langjähriger Marketingchef und Unternehmenssprecher des Möbelriesen. medianet-Herausgeber Chris Radda lud den Werbeprofi anlässlich des 80-jährigen XXXLutz-Jubiläums zum Interview.

Ein doppeltes Jubiläum

Die jüngere Geschichte des zweitgrößten österreichischen Einzelhändlers nach der Spar-Gruppe lässt sich gut anhand jener ihres menschlichen Aushängeschilds nachzeichnen. „Mehr als mein halbes Leben habe ich hier verbracht”, hält Saliger, der passenderweise selbst am 2. Mai sein 30-jähriges Firmenjubiläum bei dem Möbelhaus feiert, fest; ob des doppelten Jubiläums samt Rückblick auf die vergangenen drei Jahrzehnte verspüre er „schon ein bisserl Ganslhaut. Ich habe immer noch dieselbe Freude wie am ersten Tag, als ich als Verkäufer hier angefangen habe”.

Schon bald danach sollte Saliger – der 2023 im zarten Alter von 55 Jahren für sein Marketing-Lebenswerk ausgezeichnet wurde – den Weg der Möbelkette entscheidend prägen.

Ungebremste Expansion

Ein frisch „fertigstudierter Jurist” inmitten seines Gerichtsjahrs, schien der Karrierepfad vorprogrammiert („Anwalt oder Richter”); doch Saliger, gelernter Tischler, folgte einer inneren Eingebung, die ihn ins Möbelbusiness trieb, und schrieb 1995 Ikea, Kika und eben Lutz an. Prompt wurde der gebürtige Salzburger in die Welser Firmenzentrale geladen – der Rest ist Geschichte: Saliger wurde noch im Folgejahr Filialleiter in Mattighofen, wechselte bald darauf nach Ried, und avancierte schon 1997 zum Werbeleiter Lutz und Möbelix. Als solcher zeichnete er bald darauf verantwortlich für die Umbenennung in „XXXLutz” und übersah die Einführung der legendären, von der Agentur DMB. erfundenen „Familie Putz”.

2001 wurde Saliger Mitglied der XXXLutz-Geschäftsleitung, seit 2005 ist er Unternehmenssprecher; als solcher vertritt er das ansonsten als öffentlichkeitsscheu geltende Management der aktuell mit über 370 Einrichtungshäusern in 14 Ländern aktiven Gruppe; als jüngster Markt kam im Vorjahr Belgien hinzu. XXXLutz gab im Juni 2024 eine Partnerschaft mit der Gaverzicht-Gruppe bekannt, die zwei große Möbelhäuser in Deerlijk und Mouscron betreibt. „Wir werden dort unser Know-how aus der XXXLutz-Gruppe einbringen und für eine erfolgreiche Weiterentwicklung sorgen”, betont Saliger. Erst im Jahr davor hatte man den bekannten Onlinemitbewerber home24 übernommen.

Ehrgeiz statt Eitelkeit

Die zunehmende Größe des Unternehmens, auf die außer dem Firmennamen auch der überdimensionierte rote Sessel vor den Filialen verweist, wird bei XXXLutz durch Bodenständigkeit kontrastiert, wie Saliger hervorhebt: „Wir hinterfragen alles, unsere Zentrale ist kein Glaspalast. Wir haben uns über die vielen Jahre diese ‚Genetik' eines einfachen, strebsamen, ehrlichen Möbelhändlers, der sich aber gleichzeitig nicht dem Neuen verschließt, erhalten.”

Das Credo laute auf Simplizität: „Würde ein Außenstehender an den Sitzungen des Managements teilnehmen, würde er sich denken ‚Was, so führen die das Unternehmen?' – es ist so einfach. Teilweise gibt es nicht einmal wirkliche Gesprächsprotokolle, weil jeder genau weiß, was er zu tun hat. Wir sind auch nicht eitel – keiner von uns ist eitel, und wir gehen mit unseren Errungenschaften auch nicht groß hausieren. Wir sind lieber heimlich schlau.”
Die Drei-Marken-Strategie (XXXLutz, Mömax, Möbelix) sorge für gesunden inneren Wettbewerb fernab großer öffentlicher Schlagzeilen: „Da ist immer einer der beste, und einer der schlechteste – und das kann man herunterbrechen bis zum Lampeneinkäufer. Der eine lernt vom anderen, der andere wiederum muss quasi seinen Titel verteidigen. So sind wir intern immer alle gefordert und arbeiten geschlossen auf höchstem Niveau.”

Gesunde Konkurrenz

Wie schmal ist der Grat zwischen „Win-win”-Synergien und Kannibalismus? Saliger ist entspannt: „Wir haben extrem gut funktionierende Marken, hinter denen sehr starke ‚Brand Ideas' stehen – und sowohl nach innen als auch nach außen haben wir sehr klare Positionierungen. Wir leben in der Firma als drei Firmen, der Wettbewerb zwischen den Schienen, das ist wie mit drei voneinander unabhängigen Unternehmen” – großes Aber: „Letzten Endes werden dadurch natürlich gemeinsame Potenziale und Stärken gehoben.”

Virtuelles Schaufenster

Eine bedeutende Rolle in der Geschichte von XXXLutz kommt freilich auch der bereits erwähnten Familie Putz zu: Seit mittlerweile mehr als 25 Jahren flimmert die fiktive Möbelfamilie in humorvollen TV-Spots über die Bildschirme und hat erheblich zum Bekanntheitsgrad der Marke beigetragen. Das Unternehmen investiert entsprechend massiv in Werbung: Allein 2022 gab die Gruppe in Österreich brutto rund 220 Mio. € für Werbung aus, so viel wie kein anderes Unternehmen​. Der rote Stuhl im Logo – oft als übergroße Skulptur vor Filialen platziert – trägt ebenfalls zur einheitlichen Markenwahrnehmung bei und ist zum Erkennungszeichen geworden. Parallel zum klassischen Marketing hat XXXLutz früh die Bedeutung des Online-Handels erkannt: Bereits 2013 startete die Gruppe ihre Online-Shops und verzahnte seitdem E-Commerce geschickt mit dem Filialgeschäft​.

Der Webshop dient als erweiterte Verkaufsfläche und Schaufenster: Kunden können sich online umfassend informieren (über 200.000 Artikel sind auf den Webseiten gelistet) und anschließend im Möbelhaus vor Ort gezielt beraten lassen. Diese Omnichannel-Strategie hat sich ausgezahlt, insbesondere während pandemiebedingter Lockdowns. Inzwischen erwirtschaftet XXXLutz je nach Vertriebslinie schätzungsweise 10–15% seines Umsatzes online, Tendenz steigend. Entsprechend bezeichnet Saliger das Onlinegeschäft heute als „extrem wichtigen Part” und als „das Schaufenster eines jeden Möbelhauses”.

Forderung nach Fairness

Wiewohl der Möbelhandel 2024 ein schweres Jahr hinter sich hat – und Saliger ob der Pleite von Kika/Leiner „keinesfalls in Jubelstimmung verfallen” will, habe man doch beiderseits von dem „Match” profitiert, herrscht bei dem krisenfesten Möbelhaus Optimismus und Selbstvertrauen vor: „Was immer passiert, man muss einfach noch besser sein und auf kreative Lösungen setzen. Deswegen sind wir auch immer positiv.” Den ständigen Wettbewerb sei man gewohnt, und auch die neuen fernöstlichen Onlinemarktplätze veranlassen nicht zur Verzagtheit, bloß zum Appell: „Hier ist die Politik gefordert, faire und gleiche Rahmenbedingungen zu schaffen – die dann auch wirklich eingehalten werden müssen”, so Saliger. Entschlossener Nachsatz: „Dass wir dann auch noch besser sein müssen als der Mitbewerb, bereitet uns weniger Sorgen.”

Sehen Sie das ungekürzte Interview auf: tv.medianet.at

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL