Mehr Geld für Konsum – weniger für Vorsorge
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FINANCENET Redaktion 25.10.2018

Mehr Geld für Konsum – weniger für Vorsorge

Sparstudie: Erstmals seit 2012 stiegen die Löhne wieder stärker, doch die Altersvorsorge rückt aus dem Fokus.

••• Von Reinhard Krémer

Ein Licht am Ende des Tunnels ortet die Sparstudie der Erste Bank und Sparkassen für Österreichs Wirtschaft: „Prognosen bestätigen ein anhaltend solides globales Wirtschaftswachstum – auch in Österreich. Wobei sich die Dynamik 2019 etwas abschwächen wird”, meint Gudrun Egger vom Research der Erste Group Bank AG.

Arbeitslosenrate sinkt

Die Kapazitäten sind dennoch gut ausgelastet, die Arbeitslosenrate sinkt in der Eurozone, und zuletzt sind die Löhne erstmals seit 2012 wieder stärker als zwei Prozent gewachsen. Daher ist die europäische Zentralbank zuversichtlich, dass sich der allgemeine Preisdruck verstärken wird und sich die Inflation in Richtung Ziel der Notenbank bewegt, so Egger.

Kleine Zinsschritte

Das ist die Voraussetzung für Zinserhöhungen in der Eurozone. „Aber selbst wenn die Zinsen im Herbst 2019 beginnen zu steigen, werden weitere Zinsschritte voraussichtlich nur langsam erfolgen und moderat ausfallen”, meint Erste Group-Expertin.

Dies wird von einem anhaltenden Wirtschaftswachstum, Lohnsteigerungen und einer anziehenden Kerninflation abhängen, sagt Gudrun Egger. Es wird zwar langsam besser werden, aber man muss geduldig sein, die Normalisierung der Geldpolitik wird dauern. „Ein Niveau von zwei bis drei Prozent bei kurzfristigen Einlagezinsen für private Haushalte ist innerhalb der kommenden drei Jahre kaum absehbar. Damit bleiben kurzfristige Zinsen noch länger unter der österreichischen Inflationsrate”, ist Erste Group Bank -Analystin Gudrun Egger überzeugt.

Sparen ja, aber …

Sparen hat noch immer einen hohen Stellenwert und ist für drei Viertel der Österreicher sehr wichtig, wie die Studie zeigt: Hauptgrund ist nach wie vor der Notgroschen beziehungsweise finanziell abgesichert zu sein (82%).

Im Vergleich zu 2009 wird aber vermehrt auf Urlaubsreisen (34%, +12), aber auch für größere Anschaffungen gespart: Für die eigenen vier Wände oder ein neues Auto will immerhin fast jeder Zweite (48%) sparen – das sind sechs Prozentpunkte mehr als 2009.
„Ins Eigenheim zu investieren, ist gut und wichtig. Alarmierend hingegen ist die Tatsache, dass Altersvorsorge so stark aus dem Fokus der Österreicher rückt”, so Thomas Schaufler, Privatkundenvorstand der Erste Bank.

Sparziele angepasst …

Die Altersvorsorge ist nur mehr für 41% (2009: 56%) ein definiertes Sparziel, so das aktuelle Ergebnis einer repräsentativen Imas-Studie im Auftrag von Erste Bank und Sparkassen. Nach wie vor fließt viel Geld in Freizeit und Konsum.

Laut aktuellen Prognosen wird die Sparquote für 2018 bei sieben Prozent liegen und somit eine leichte Erholung aufweisen. „Die Menschen scheinen ihre Sparziele offenbar wieder leicht anzupassen, weil die Konjunktur boomt”, sagt Schaufler.

… es wird mehr gespart

Der Sparbetrag liegt aktuell bei 245 €. Im Jahr 2009 waren es noch 155 € (+58%). Zufrieden mit dem Sparbetrag ist aber nur die Hälfte der Bevölkerung. Vieles vom Ersparten geht auch ganz offensichtlich weiterhin auf Sparbücher: Das Gesamtvolumen der Retail-Einlagen beläuft sich derzeit auf 254,3 Mrd. €, 2009 waren es noch 205,7 Mrd. €.

Gewöhnungseffekt an Zinsen

Dass die Sparzinsen seit vielen Jahren deutlich unter der Inflationsrate liegen, daran scheint man sich in der Alpenrepublik gewöhnt zu haben.

Das Sparbuch bleibt trotz dieses Umstands weiterhin die beliebteste Sparform der Österreicher; 80% haben Geld am Sparbuch. Einen Bausparer haben 60%, 44% lassen ihr Geld am Girokonto liegen. Wertpapiere konnten allerdings auf 28% (+11) zulegen. „Das ist eine Entwicklung, die absolut notwendig ist”, meint Thomas Schaufler.
Als Liquiditätsreserve werden rund drei Netto-Monatsgehälter am Sparbuch empfohlen. „Den Rest sollte man so veranlagen, dass die Inflation ausgeglichen ist und am Ende ein Plus übrig bleibt. Und das geht zurzeit nur mit Wertpapieren”, sagt der Privatkundenvorstand der Erste Bank.

Wissen tut not

Doch gerade hier hapert es, wie die Sparstudie zeigt: Wertpapiere sind noch nicht fest im Anlageuniversum der Österreicher verankert. Ein Faktor, warum, ist das mangelnde Wissen rund um Wirtschaft- und Finanzthemen. Laut der aktuellen Studie geben nur 36% an, sich sehr gut mit diesen Themen auszukennen. Zwei Drittel haben teils großen Aufholbedarf. Dies spiegelt sich auch in der Erklärungsnot bei diversen Finanzbegriffen wider.

Basics sind unbekannt

91% können nicht erklären, was Anleihen sind, 70% ist der Begriff Fonds völlig unklar, und 62% sind mit dem Wort Aktien überfordert. Immerhin nur mehr jeder Zweite (48%) hat mit dem Begriff Zinsen Probleme, und „nur” 35% wissen nicht, was Inflation bedeutet.

„Eines der Hauptprobleme ist das mangelnde Finanzwissen”, meint Schaufler. Daher ist auch Fondssparen nicht unbedingt eines der Kernthemen der Österreicher: Laut der aktuellen Studie spart knapp die Hälfte der österreichischen Sparer ohne konkreten Plan, nur 14% haben einen ganz konkreten Plan und 37% machen beides.
„Rufen Sie sich Ihren Gehaltszettel und das Pensionskonto ins Gedächtnis. Da gibt es bei vielen eine große Lücke. Ein Plan ist essenziell”, betont der Privatkundenvorstand der Erste Bank. „Sich ‚breit aufzustellen' bei der Geldanlage ist das Um und Auf.”

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