Diabetesversorgung muss ausgebaut werden
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HEALTH ECONOMY Redaktion 08.11.2019

Diabetesversorgung muss ausgebaut werden

Schwerpunkt Diabetes: Rund 800.000 Menschen sind betroffen; Lücken bei Prävention und Versorgung.

••• Von Katrin Pfanner

WIEN. Bis zu 800.000 Menschen in Österreich haben bereits „Zucker”. Die Volkskrankheit Diabetes wird aber oft zu spät erkannt, Patienten werden nicht ausreichend begleitet – und in Sachen Vorbeugung gibt es noch viel Luft nach oben, erläuterte Wundchirurg Adalbert Strasser zuletzt in Wien. Anlass war die Vorstellung der neuen Selbsthilfe-Dachorganisation „wir sind diabetes”, deren erster Präsident Strasser ist.

Deutlicher Anstieg

Zwischen 2013 und 2016 dürfte Hochrechnungen der Sozialversicherungsträger zufolge die Zahl der Diabetes-Typ-2-Fälle um ein Zehntel gestiegen sein. Exakte aktuelle Zahlen gibt es allerdings nicht, bemängeln Experten. Strasser mahnt konkrete Maßnahmen von Politik und Gesundheitssystem ein und verwies unter anderem auf die Kritik des Rechnungshofs an Versorgung und Vorsorge bei Diabetes-Typ 2. Das Kontrollorgan hatte Mängel bei der Teilnahme am begleitenden Behandlungsprogramm geäußert. Nur 13% nehmen ein solches hierzulande in Anspruch, während es in Deutschland jeder zweite ist. Eine konstant gute Einstellung zählt bei der Stoffwechselerkrankungen allerdings zu den entscheidenden Faktoren; darüber hinaus gäbe es wenig konkrete Verbesserungen bezüglich wichtiger Risikofaktoren wie falsche Ernährung, Bewegungsmangel, Alkohol und Nikotinkonsum.

Man wolle mit einer Stimme sprechen und strategisch wichtige Ziele gemeinsam verfolgen, sagten die Vertreter der Selbsthilfeorganisation. Heimische Diabetes-Selbsthilfeorganisationen hatten im Frühjahr die Gründung einer Dachorganisation angekündigt. Nun wurden Proponenten, Ziele und Forderungen erstmals offiziell vorgestellt. Ein konkreter Appell gilt der Umsetzung der in der Österreichischen Diabetes-Strategie 2017 festgeschriebenen Ziele; außerdem fordern die Interessensvertreter ein Bekenntnis zu bundesweit einheitlichen Versorgungsstandards und den Abbau von Hürden in der Integration. Darüber hinaus plädiert man für die Weiterentwicklung und Ausweitung des Diabetes-Management-Programms und für einen niederschwelligen Zugang zu Schulungen.

Daten fehlen

Weiters fordert man eine konkrete Erhebung des Status quo, um infolge Defizite in der Gesundheitsversorgung zu benennen, aber auch auf Probleme und Benachteiligung im Alltag hinzuweisen. Kinder würden immer noch ausgegrenzt und könnten teilweise nicht an Skikursen oder Sportveranstaltungen teilnehmen, weil man sich eine Einbindung nicht zutraut.

Information wichtig

Eine zentrale Rolle spiele Information und „Empowerment”, etwa in speziellen Jugend-Camps. Auch die Angehörigen müssen inkludiert werden, nicht zuletzt, weil eine späte Diagnose oder schlechte Einstellung zu gravierenden Folgeerkrankungen führen kann. Nerven und Gefäße können geschädigt werden und zu Spätkomplikationen an unterschiedlichen Organen wie Herz, Augen oder Nieren führen, die wiederum im Vergleich zu Gesunden höhere Krankheits- und Sterblichkeitsraten bedingen. Eine gute Blutzuckereinstellung zählt zu den wichtigsten präventiven Maßnahmen.

Rund um den Weltdiabetestag am 14. November, dem Geburtstag des kanadischen Insulinentdeckers F.G. Banting, finden weltweit und in Österreich ­Informationsveranstaltungen statt.

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