Übernahmewelle rollt
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In der Pharmabranche gibt es die nächsten Übernahmen. 2015 wird diesbezüglich wohl ein Rekordjahr für die Branche werden.
HEALTH ECONOMY 13.11.2015

Übernahmewelle rollt

Shire kauft Dyax, AstraZeneca greift sich ZS Pharma; mit der Fusion von Pfizer und Allergan könnte eine neue Nummer eins entstehen.

••• Von Ina Karin Schriebl

LONDON. Die Übernahmewelle in der Pharmabranche rollt ungemindert weiter. Der britische Pharmakonzern Shire baut mit einem milliardenschweren Zukauf in den USA sein Geschäft mit Medikamenten für Seltene Krankheiten aus. Für rund 5,9 Milliarden Dollar (5,4 Milliarden Euro) werde der US-Konkurrent Dyax übernommen, kündigte das Unternehmen an. Shire befindet sich zugleich auch im Bieterkampf um den US-Rivalen Baxalta, der auch auf Arzneien zur Behandlung Seltener Krankheiten spezialisiert ist.

Bei Dyax steht ein Mittel gegen die seltene erblich bedingte Entzündungskrankheit HAE im Mittelpunkt, die das Atmen erschwert. Zwar ist Shire auf diesem Feld selbst mit einer Arznei vertreten. Dieser werde jedoch im Vergleich zu dem Dyax-Medikament weniger Potenzial eingeräumt. Shire-Chef Flemming Ornskov betonte, neben der Dyax-Übernahme auch den geplanten 30 Mrd. Dollar schweren Baxalta-Kauf stemmen zu können.

Durch Generika unter Druck

Daneben greift sich der britisch-schwedische Pharmakonzern ­AstraZeneca für 2,7 Milliarden Dollar (2,5 Milliarden Euro) die US-Biotechnologiefirma ZS Pharma. Der Schweizer Konzern Actelion hat dabei das Nachsehen. AstraZeneca zahle 90 Dollar je Aktie und sichere sich so Zugriff auf die Technologie, neuartige Behandlungsmöglichkeiten für Nierenerkrankungen zu entwickeln, teilte das Unternehmen kürzlich mit.

Bei AstraZeneca kommen wichtige Medikamente durch billigere Nachahmerprodukte unter Druck; das macht dem Konzern zu schaffen. Im dritten Quartal sanken die Erlöse. Der Konzern, der im vergangenen Jahr ein 118 Mrd. Dollar schwere Übernahmeangebot des US-Konkurrenten Pfizer abgewehrt hatte, hat deswegen bereits mehrere kleinere Pharmafirmen gekauft. Der Umsatz dürfte, Kursschwankungen an den Devisenmärkten herausgerechnet, stabil bleiben. Bisher hatte sich das Unternehmen auf einen Rückgang eingestellt. Die Schweizer Biotechnologiefirma Actelion hatte erst im September mit ZS Pharma verhandelt, Details wurden nicht bekannt.
Viele Patente laufen derzeit aus, und die Kosten für Forschung und Entwicklung sind hoch, weswegen aussichtsreiche Produkte gern zugekauft werden.
Der britische Pharmakonzern Bristol-Myers Squibb erwarb erst vor wenigen Tagen für knapp 2,1 Millarden Dollar die auf Herzkrankheiten spezialisierte amerikanische Firma Cardioxyl Pharmaceuticals. In den USA bahnt sich zudem eine Mega-Fusion an: Der Viagra-Produzent Pfizer und der Botox-Hersteller Allergan hatten vor zwei Wochen über Gespräche für einen Zusammenschluss informiert.

Umsatzsprung verzeichnet

Das von Pfizer umworbene Unternehmen Allergan geht dabei mit einem Umsatzsprung in die Fusionsgespräche. Die Erlöse kletterten im dritten Quartal um 90 Prozent auf 4,1 Milliarden Dollar, wie der irische Pharmakonzern mitteilte, der selbst erst vor wenigen Monaten durch den Zusammenschluss von Actavis und Allergan entstand.

Im Zusammenhang mit der Fusion und dem Verkauf des Generikageschäfts für 40,5 Milliarden Dollar an die Ratiopharm-Mutter Teva kam Allergan auf einen Gewinn von 5,23 Milliarden Dollar; im Vorjahreszeitraum hatte es noch einen Verlust von 1,04 Milliarden Dollar gegeben.
Beide Unternehmen teilten mit, dass die Übernahmegespräche von freundlicher Natur und erst in einem frühen Stadium seien. Sollten beide Pharmaproduzenten zusammengehen, entstünde mit einem Börsenwert von rund 330 Milliarden Dollar der weltgrößte Arzneimittel-Hersteller. Pfizer würde dabei vom rasanten Wachstum Allergans profitieren. Neben dem Kassenschlager Botox, der therapeutisch wie auch aus ästhetischen Gründen eingesetzt wird, verfügt Allergan auch über das rege nachgefragte Augenmittel Restasis.

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