••• Von Chris Radda und Martin Rümmele
WIEN. Die Elektronische Gesundheitsakte ELGA braucht sich nach Ansicht des Geschäftsführers der ELGA GmbH international nicht zu verstecken. Franz Leisch sieht Österreich im EU-Vergleich bei der Digitalisierung auf einem guten Weg. Aktuell wird die ELGA-Anwendung ‚e-Medikation' ausgerollt.
medianet: Das aktuell größte Projekt ist die Umsetzung der e-Medikation, die helfen soll, Doppelverordnungen zu vermeiden und ungewünschte Wechselwirkungen einzudämmen. Wie ist da der Stand?
Franz Leisch: Hier haben sich die Rolloutprozesse eingespielt. Wir sind im Zeitplan und haben die meisten Bundesländer schon im System. Die Umsetzung obliegt zwar nicht der ELGA GmbH, sondern der Sozialversicherung, wir sind aber natürlich voll eingebunden. Wir sind zuversichtlich, dass es wie geplant bis im Herbst 2019 flächendeckend funktioniert. Das System wird im niedergelassenen Bereich gut angenommen. Was noch nicht so angenommen wird in der Bevölkerung, ist das Stecken der e-card in der Apotheke, wenn man ein rezeptfreies Produkt kauft. Hier gibt es noch Potenzial und das wollen wir auch bewerben.
medianet: Ein anderer Punkt, welcher weiter für Diskussionen sorgt, ist das ELGA-Kernthema der Befunde. Wo steht man hier?
Leisch: Bei der e-Medikation sind Vorteil und Nutzen sofort erkennbar: Sie greift in die Abläufe kaum ein, unterstützt sie aber. Daher gibt es kaum einen Mehraufwand, aber einen echten Nutzen. Beim e-Befund ist das etwas komplexer und die Skepsis ist noch größer. Jene Ärzte, die es nutzen, sagen aber, dass sie auch einen Nutzen sehen. Wir haben das zuletzt evaluiert und beraten nun mit den Ärzten und dem Ministerium, welche Maßnahmen daraus gezogen werden sollen.
medianet: Wie haben sich die Opt-Out-Zahlen bei den Versicherten entwickelt?
Leisch: Die meisten Abmeldungen waren 2014 in der ersten Zeit noch vor dem eigentlichen ELGA-Start. Derzeit stagnieren die Abmeldungen, und wir stehen nun bei rund drei Prozent, das heißt aber auch: 97% sind dabei. Ich sehe kein Akzeptanzproblem auf der Patientenseite. Man muss auch wissen, dass nichts auf der e-card gespeichert wird, sondern sie nur der Schlüssel für ELGA ist. Bei den Ärzten sind wir noch gefordert, den Nutzen sichtbarer zu machen.
medianet: Was sind die nächsten Schritte? Die Rede ist von einem elektronischen Impfpass und dem e-Rezept …
Leisch: Man muss unterscheiden, bei welcher Anwendung wir im Rollout sind, und wo in der Planung oder in der Pilotphase. Aktuell kommen mehrere unterschiedliche Neuerungen auf das Gesundheitswesen zu: die ELGA-Projekte e-Medikation, e-Befund und e-Impfpass sowie die SV-Projekte eKOS und e-Rezept. Oft werden hier Begrifflichkeiten vermischt, wie etwa bei e-Medikation und e-Rezept. Das e-Rezept gibt es derzeit noch nicht und ersetzt zukünftig das Papierrezept. Die e-Medikation ist dagegen die Datenbank, wo alle Medikamente gespeichert werden. Der elektronische Impfpass, der zukünftig über die ELGA-Infrastruktur laufen soll, ist ein wichtiges und nützliches Projekt und würde uns auch die Chance geben, zu zeigen, was wir können. Hier wird der Pilotversuch zeigen, wie es weitergeht.
medianet: Wie sehen Sie Österreich im internationalen Vergleich?
Leisch: Wir brauchen uns hier nicht zu verstecken. Wir haben mit ELGA gute Grundlagen geschaffen und sogar europaweit eine Vorreiterrolle übernommen in der länderübergreifenden Normierung. Wir müssen aber die weiteren Dinge auch umsetzen und dazu braucht es die Entscheidung der Politik, in diese neuen Projekte zu investieren.