Auch die Bahn wird digital
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In der Digitalisierung sehen die europäischen Eisenbahnen eine der letzten Möglichkeiten, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY 04.03.2016

Auch die Bahn wird digital

Aktuelle Umfrage von BearingPoint zeigt die hohen ­Erwartungen in das Thema Connected Train, aber auch, welche Hindernisse dafür überwunden werden müssen.

••• Von Britta Biron

BRÜSSEL. Trotz nationaler und EU-weiter Maßnahmen konnten in den letzten Jahren keine wesentlichen Fortschritte bei der Stärkung der Bahnindustrie verzeichnet werden. Laut aktuellster Zahlen des Statistischen Bundesamts (Destatis) sank allein in Deutschland das Transportaufkommen das zweite Jahr in Folge und lag mit 361,2 Mio. Tonnen ein Prozent unter dem Wert von 2014. Bei Containern und Wechselbehältern (5,9 Mio.) betrug der Rückgang sogar 6,5%.

Unter Druck ist die Branche, so der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), vor allem durch Stromsteuer, EEG-Umlage und die Mauterleichterungen für den Lkw-Verkehr geraten.

Weichen für die Zukunft

Um gegenzusteuern und die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, hat der VDV kürzlich ein Maßnahmenpaket zusammengestellt; es umfasst neben längeren Zügen und einfacheren Prüf- und Zulassungsverfahren auch die Digitalisierung, wie Automatisierung des Rangierbetriebs, mehr Standardisierung beim Fahrzeugbau oder Informationsaustausch zur Bündelung von Transporten.

Vernetzte Bahn

Überhaupt sieht die europäische Bahnindustrie, wie eine aktuelle Studie der Management- und Technologieberatung BearingPoint, für die Führungskräften von europäischen Bahnbetreibern sowie Unternehmen der Bahntechnologie befragt wurden, in der Digitalisierung eine der letzten Chancen, sich gegen die Konkurrenz zu behaupten.

Die überwiegende Mehrheit der Befragten (85%) sieht eine hohe Relevanz in den Kernbereichen Personen- und Güterverkehr, Infrastruktur und Wartung. Nicht-monetäre Ziele wie Servicequalität (90%) und Strategieentwicklung (78%) werden – anders als in anderen Industriesektoren – höher bewertet als Preissenkung (74%) und Umsatzsteigerungen (60%). Das überrascht besonders im Hinblick auf den hohen Ertragsdruck, unter dem die Unternehmen stehen. .
„Der Schlüssel zur Digitalisierung des Schienenverkehrs in Europa ist die Interoperabilität – deshalb müssen wir Standardisierungen und koordinierte Innovationen in der Branche weiter vorantreiben”, meint etwa Josef Doppelbauer, Geschäftsführer der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA).
Die Digitalisierung von Wartungs- und Beschaffungsabläufen spielt zurzeit noch eine untergeordnete Rolle, allerdings rechnet man hier in den nächsten Jahren mit den höchsten Steigerungen. Warum, erläutert Gerhard Kreß, Director für Mobility Data Services bei Siemens: „Sie wird zu einem messbaren Anstieg von Zug-Verfügbarkeiten führen.”

Große Herausforderungen

Als Hemmfaktoren, die einer erfolgreichen Digitalisierung der Eisenbahnen zurzeit noch im Weg stehen, treten zwei besonders hervor: Zum einen stellt die Durchdringung der neuen Technologien in die bestehenden Betriebsabläufe und Anlagen (Fahrzeuge und Schienennetz) ein Hindernis dar (78%); außerdem wird die fehlende Verfügbarkeit von Big Data in einer heterogenen Prozess- und IT-Umgebung bemängelt (77%).

„Die Studienergebnisse veranschaulichen die große Erwartungshaltung der Eisenbahnindustrie hinsichtlich der Digitalisierung. Aber Wirtschaftlichkeit und erfolgsversprechende Ansätze sind noch umstritten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt im ganzheitlichen Blick auf das digitale Ökosystem Bahn”, fasst Ralf Stenger, Director bei BearingPoint, die Ergebnisse zusammen.

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