High-Tech-Kühlschrank mit hohem IQ
© Barcotec/Franz Pfluegl
Der Kühlschrank meldet selbstständig, ohne menschliche Interaktion, wenn Ware eingelegt und entnommen wird.
INDUSTRIAL TECHNOLOGY Paul Christian Jezek 17.09.2020

High-Tech-Kühlschrank mit hohem IQ

Innovative Identifikationstechnologie vermeidet Lebensmittelverschwendung.

WIEN. Der österreichische Digitalisierungsexperte Barcotec hat gemeinsam mit SanLucar einen intelligenten Kühlschrank entwickelt, mit dem Convenience-Produkte frisch, zeitnah und in marktkonformen Mengen produziert und dem Kunden zum Kauf angeboten werden können. Durch die optimierte Bestückung wird jeder Kühlschrank zum autarken Verkaufsstand mit geringstmöglichem Verderb.

Der autarke Kühlschrank sollte selbstständig, ohne menschliche Interaktion, melden, wenn Ware eingelegt und entnommen wird, gleichzeitig aber auch laufend die Ablaufdaten der Ware in die SanLucar-Zentrale melden. Durch spezielle Lesegeräte auf Grundlage von Mikrochip-Technologie wird jede Obsttasse ausgelesen. Nach einer umfangreichen Pilotierungsphase und monatelanger Projektarbeit wurden im Spätherbst 2019 die ersten Kühlschränke ausgerollt. Heute stehen bereits mehr als 100 autarke Kühlschränke im Lebensmitteleinzelhandel und melden sekundengenau von selbst ihren Bestückungsgrad und Haltbarkeitsdaten.

Mehr Frische – wenig Verderb
Die Echtzeitdaten auf Knopfdruck via Funkchip erlauben eine zielgenaue Produktionsplanung, da neben Out-of-Shelf-Informationen auch der Austausch von Ware getriggert wird. „Jeder Kühlschrank agiert wie ein autonomer Verkaufsstand“, erklärt Alexander Thaller, Geschäftsführer von SanLucar. „So kann der Kühlschrank neben dem Freibad im Sommer bei Ankündigung einer Hitzewelle zum Beispiel mit mehr Melonen bestückt werden, während bei Schlechtwetterprognosen die Produktion reduziert wird.“ Den größten Effekt sieht man beim stark reduzierten Verderb. „Es ist uns ein großes Anliegen, so wenig Lebensmittelmüll wie nur möglich zu produzieren.“

Der Marktanteil von Convenience-Produkten (also verzehrfertigen Produkten wie aufgeschnittenes Obst, Tiefkühlkost, Backmischungen etc.) hat in den letzten Jahren immer stärker zugenommen. Besonders beliebt sind in Österreich dabei zwei Angebote: Chilled Food (vorverarbeitete Speisen, die durch kurze Erwärmung verzehrfertig werden) und Fresh-Cut-Produkte (vorgeschnittenes Obst und Gemüse), das dem Trend zu mehr Gesundheit, Wellness und Bio folgt. Allein in Österreich werden jährlich pro Person 81,94 Euro für Convenience-Produkte ausgegeben.

Doch die Verarbeitung und Produktion von „Fresh-Cut-Lebensmitteln“ bringt einige Herausforderungen mit sich, denn die Ware muss, bis sie am Point-of-Sale auf den Kunden trifft, sorgsam behandelt werden. Nicht nur, dass beispielsweise Obst nach dem Schneiden seinen natürlichen Schutz verloren hat, es muss auch portioniert, gekühlt, gelagert und verpackt werden. Die Lebensdauer eines Convenience-Produkts ist also begrenzt.

Die Obst-Digitalisierung
Dieser Herausforderung stellte sich SanLucar Österreich. „Unsere Vision ist es, alle Menschen mit dem natürlichsten, frischesten und geschmackvollsten Obst und Gemüse zu versorgen“, sagt Thaller. „An dieser Anforderung ändert auch der Umstand nichts, dass das Obst vorverarbeitet angeboten wird. Aber naturgemäß ergibt sich dadurch eine kürzere Lebensdauer. Wir wollten also Echtzeit- Information über den Zustand unserer Ware im Lebensmittelhandel haben, damit wir Lebensmittelmüll vermeiden und genauso viel Ware im Regal stehen haben, wie Kunden zu diesem Zeitpunkt kaufen wollen.“ Mit dieser Anforderung richtete man den Blick auf mögliche Lösungsanbieter und wurde bei Barcotec fündig, in dem man im Bereich der mobilen Datenerfassung bereits einen verlässlichen Partner gefunden hatte.

Weitere positive Zusatzeffekte des High-Tech-Kühlschranks sind der reduzierte Personalbedarf auf Seiten des Lebensmitteleinzelhandels, da dessen Mitarbeiter das Ablaufdatum nicht mehr kontrollieren müssen. Für SanLucar ist es nun viel transparenter, welche Sorten an welchen Tagen besonders gut laufen und wann diese Ware zeitlich genau nachgefragt wird (die Kassenbon-Info ist dafür nicht ausreichend). Auch Standort-Qualifizierungen sind nun einfach möglich, da nun ersichtlich wird, welche Produkte in welchen Regionen gut funktionieren, und kann somit verstärkt mit dieser Produktgruppe befüllt werden.

Technologie einmal anders
Bei Barcotec zeichnet Regional Sales Manager Alexander Humer für die Umsetzung des Systems verantwortlich. Er meint: „Die Evaluierungsphase zur Auswahl der richtigen Technologie war besonders spannend. Hier mussten alle Parameter stimmen, damit die Ware immer und zeitnah identifiziert werden kann. Unser Team beschäftigt sich zwar seit 30 Jahren mit Identifikationstechnologie, aber ein innovatives Projekt wie dieses verlangte nach dem Einsatz absoluter State-of-the-Art-Technologie.“ (pj)

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