Kluft zwischen Konzernen und Mittelstand wächst
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INDUSTRIAL TECHNOLOGY 15.01.2016

Kluft zwischen Konzernen und Mittelstand wächst

Durch das unterschiedliche Tempo bei der Digitalisierung zeichnet sich bereits eine gefährliche Zweiklassen-Industrie ab.

••• Von Britta Biron

KÖLN. In der Theorie herrscht hinsichtlich Industrie 4.0 weitgehend Einigkeit: So gut wie alle Führungs- und Fachkräfte der Industrie verbinden damit eine umfassende Veränderung, die alle Unternehmensbereiche betrifft.

Die praktische Umsetzung sieht allerdings anders aus. Hier konzentriert man sich, wie eine aktuelle Studie von Inverto zeigt, hauptsächlich auf die Fertigung; Entwicklung, Einkauf, Vertrieb und die Vernetzung mit externen Partnern spielen derzeit noch kaum eine Rolle.

Zwar gehen 68% der Führungskräfte davon aus, dass die Einbeziehung von Zulieferern entscheidend für den Erfolg von Industrie 4.0 wäre, doch nur ein Drittel (32%) setzt derzeit bereits entsprechende Maßnahmen um oder plant sie zumindest (26%).

Konzerne liegen vorne

Weiters zeigt die Studie – wenig überraschend – eine zunehmende Kluft zwischen Großbetrieben und mittelständischen Unternehmen. Zwar konzentrieren sich auch die „Großen” auf fertigungsnahe Digitalisierungsvorhaben, gleichzeitig setzen sie aber auch Maßnahmen in anderen Bereichen, darunter etwa die Entwicklung digitaler Produkte (89%) oder neuer Dienstleistungen (78%). Bei den mittelständischen Unternehmen sind es nur 44% bzw. 35%. Bei 67% der Großbetriebe läuft die Vernetzung mit den Kunden bzw. ist in Planung, bei den Mittelständlern liegt die Quote dagegen nur bei 12%.

Bis zu einem gewissen Grad lassen sich die Unterschiede im Industrie 4.0-Reifegrad dadurch erklären, dass dem Mittelstand weniger Geld für die Umsetzung der notwendigen Maßnahme zur Verfügung steht; eine wesentliche Rolle spielt allerdings auch, dass Große und Kleine die Digitalisierung unterschiedlich organisieren. So wird in kleineren Unternehmen meist (noch) darauf verzichtet, Entwicklungsabteilung oder Produktmanagement in die Maßnahmen miteinzubeziehen.
„Diese Diskrepanz birgt ein Risiko, und die Industrieunternehmen wären gut beraten, zügig mit den umrissenen Handlungsfeldern zu beginnen”, so Frank Welge, Supply Chain Management-Spezialist und Partner bei Inverto.
Denn à la longue bremst der niedrige Reifegrad des Mittelstandes die Großunternehmen daran, den ihren weiter auszubauen, denn dafür wäre eine intensivere Vernetzung mit den mittelständischen Zulieferern notwendig.
Abhilfe wollen hier Wissenschaftler des Instituts für Inte­grierte Produktion Hannover (IPH) und des International Performance Research Institute (IPRI) schaffen und im gemeinsamen Forschungsprojekt 4.0-Ready einen Leitfaden für KMU erstellen.

Wegweiser für KMU

„Dieser soll Schritt für Schritt zeigen, wie interaktive Assistenzsysteme in die Produktion integriert werden können”, erläutert Stefan Willeke, der das Forschungsprojekt am IPH leitet. Der Leitfaden informiert etwa über die bereits am Markt verfügbaren Technologien, deren Vorteile für die Produktion und die mit der Einführung verbundenen Kosten.

Ergänzend wollen die Forscher auch eine Methode entwickeln, mit der Unternehmen rasch und einfach ihren Industrie 4.0-Reifegrad ermitteln können.
Für das Forschungsprojekt suchen die Wissenschaftler noch Partner, insbesondere Hersteller von interaktiven Assistenzsystemen. Diese kennen die Anforderungen zur Einführung der Technologien genau, können ihr Know-how aus der Praxis beitragen und profitieren später davon, wenn dank des Industrie 4.0-Leitfadens auch kleine und mittlere Unternehmen Assistenzsysteme einführen können.

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