••• Von Helga Krémer
Nur wenige Wochen nach dem offiziellen Beginn der Bauarbeiten am voestalpine-Standort Donawitz erfolgte nun der traditionelle Spatenstich zu greentec steel am Headquarter des Konzerns in Linz. Im ersten Schritt des Stufenplans werden je ein Elektrolichtbogenofen in Linz und Donawitz errichtet.
Die Integration der beiden grünstrombetriebenen Elektrolichtbogenöfen in die Stahlproduktion ermöglicht, energieintensive Prozesse zu elektrifizieren und so ab 2027 rund 30% an CO2-Emissionen einzusparen. Das entspricht einer Einsparung von knapp vier Mio. t CO2 bzw. fünf Prozent der heimischen Emissionen pro Jahr – greentec steel ist damit das größte Klimaschutzprogramm in Österreich.
Öfen-Fahrpläne
Ab 2030 ist die Ablöse von zwei weiteren Hochöfen in Linz und Donawitz und die Investition in einen weiteren Elektrolichtbogenofen in Linz geplant. Um das Net-Zero-Ziel bis 2050 zu erreichen, forscht der Konzern bereits jetzt an mehreren neuen Verfahren und investiert in Pilotprojekte, die neue Wege in der Stahlerzeugung aufzeigen.
„Die beiden Spatenstiche in Linz und Donawitz sind mehr als ein symbolischer Akt und der Beginn eines Bauprojekts. Sie sind der sichtbare Grundstein für die grüne Zukunft der voestalpine und ein wichtiger Meilenstein für den Klimaschutz in Österreich”, sagt Herbert Eibensteiner, CEO der voestalpine AG. Das Investitionsvolumen für beide Projekte beträgt 1,5 Mrd. €, davon entfallen auf Linz rund zwei Drittel.
Die Errichtung des Elektrolichtbogenofens (electric arc furnace, EAF) startet in Linz 2024, bereits drei Jahre später wird der EAF in Betrieb gehen und im Vollbetrieb jährlich rund 1,6 Mio. t CO2-reduzierten Stahl produzieren.
Um die hohe Produktqualität weiterhin beibehalten zu können, kommt in den Elektrolichtbogenöfen ein Mix aus Schrott, flüssigem Roheisen und sogenanntem HBI (Hot Briquetted Iron) zum Einsatz. „Eine Grundvoraussetzung für den Betrieb der Anlagen ist die ausreichende Verfügbarkeit von Strom aus erneuerbaren Quellen zu wirtschaftlich darstellbaren Preisen. Noch wichtiger ist die Bereitstellung einer leistungsfähigen und integrierten Netzinfrastruktur”, sagt Hubert Zajicek, Mitglied des Vorstands der voestalpine AG und Leiter der Steel Division mit Sitz in Linz.
Es ist noch viel zu tun …
Die Großbaustelle besteht aus insgesamt 20 Projekten und verteilt sich über das gesamte Werksgelände – ober- und unterirdisch: Der höchste Baustellenpunkt liegt auf rund 60 m, der tiefste befindet sich 25 m unter der Erde.
Im Rahmen der Baufeldfreimachung wird eine neue Rohstoffversorgung mit einer ca. 750 m langen Förderbandbrücke errichtet, es werden verschiedene Lagergebäude verlegt, neue Fahrwege errichtet und diverse Adaptierungsarbeiten im Stahlwerk vorgenommen. Die Vergabe für den Anlagenbau des Elektrolichtbogenofens ist im Jänner 2024 geplant. In den kommenden Monaten erfolgt die Fertigstellung der neuen Förderbandbrücke und die Inbetriebnahme der neuen Rohstoffversorgung. Anschließend können die alte Rohstoffversorgung und einige Nebenanlagen demontiert werden, um Platz für den EAF zu schaffen.
… bevor es an den EAF geht
Ab Ende 2024 wird die Halle für den EAF errichtet sowie ein sogenannter Microtunnel für die neue 220kV-Stromleitung, die ab 2027 den EAF mit Grünstrom versorgt. Der Tunnel mit einem Durchmesser von rund zwei Metern wird in rund 25 m Tiefe zwischen dem Umspannwerk und dem EAF gebohrt.
Die besondere Herausforderung dabei: Da sich der Tunnel ohne Kühlung auf etwa 280°C erwärmen würde, muss dieser für die Kühlung mit Grundwasser geflutet werden. Für die Umsetzung der Großbaustelle ist ein Projektteam aus rund 250 Mitarbeiterenden zuständig. Mehr als 230 externe Unternehmen, davon 60 Firmen vor Ort, wurden im Zuge des Bauvorhabens bereits beauftragt.
Ökonomische Effekte
Die Errichtung der beiden Elektrolichtbogenöfen in Donawitz und Linz löse laut einer Studie des Industriewissenschaftlichen Instituts vom September 2023 maßgebliche volkswirtschaftliche Effekte aus. Die Investitionen an den beiden Standorten generierten allein während der Bauphase eine österreichweite Wertschöpfung von 767 Mio. €. Zusätzlich würden während der Bauphase rund 9.000 Arbeitsplätze in Österreich gesichert.
Neue Technologien
Um wirklich auf Null-CO2 zu kommen, forscht die voestalpine aber noch an mehreren neuen Verfahren und investiert in Pilotprojekte. Auch Wasserstoff wird hier wohl in Zukunft eine Rolle spielen. Als ersten Schritt bietet die Steel Division bereits jetzt alle Flachstahlprodukte wahlweise in einer CO2-reduzierten „greentec steel”-Edition an. Eibensteiner erwartet, dass der „Grüne Stahl” auch konkurrenzfähig sein wird: „Wenn sich ein grüner Stahlmarkt gebildet hat, gehen wir davon aus, dass es auch Nachfrage nach Green Premium geben wird.”