Big Deals mit Folgen
© APA/AFP/Fabrice Coffrini
Luxuskonzerne investieren auch heuer kräftig in die Erweiterung ihrer Marktposition. Für besonders viel Aufsehen sorgte die Übernahme von Bucherer durch Rolex.
LUXURY BRANDS&RETAIL britta biron 13.10.2023

Big Deals mit Folgen

Beteiligungen und Übernahmen könnten die Kräfteverhältnisse am Markt völlig verändern.

Genf. Beteiligungen und Übernahmen sind in der Luxusbranche keine Seltenheit. 2022 haben laut Deloitte insgesamt 292 Deals stattgefunden, um acht mehr als im Jahr davor. Vor allem strategische Akquisitionen sind stark gestiegen und machten knapp die Hälfte der Deals aus.

Auch heuer sind die Firmen auf Shoppingtour, und einige Deals der vergangenen Wochen haben das Zeug, die Karten neu zu verteilen.
So hat der Kering-Konzern diesen Sommer um 1,9 Mrd. € einen 30%-Anteil an Valentino erworben, mit der Option, die italienische Luxusmarke bis 2028 vollständig zu übernehmen. Vor wenigen Wochen wurde dann bekannt, dass Tapestry, Besitzer von Coach, Kate Spade und Stuart Weitzman, die Capri Holdings mit Versace, Jimmy Choo und Michael Kors übernehmen will. Durch die Fusion – Expertenschätzungen gehen von einem Kaufpreis von umgerechnet rund 7,7 Mrd. € aus – entsteht ein Big Player, der Kering im Ranking der umsatzstärksten Luxuskonzerne von Rang 2 verdrängt.

Eine Zeitenwende?

Für den größten Wirbel hat die Ende August bekannt gewordene Übernahme der Bucherer-Gruppe durch Rolex gesorgt. Da war unter anderem von einem mittleren Erdbeben oder einem Schock für die Uhrenwelt die Rede. Kein Wunder, denn immerhin handelt es sich um den mit Abstand größten Uhrenhersteller in der Oberklasse – Rolex und die Schwestermarke Tudor kommen gemeinsam auf einen globalen Marktanteil von über 40% – und einen seiner wichtigsten Vertriebspartner, ein Schwergewicht im Uhren- und Schmuckhandel mit mehr als 100 Geschäften in Europa und den USA. Details zur Übernahme wurden nicht bekannt gegeben, Rolex ließ nur wissen, dass „Bucherer seinen Namen behalten und seine Geschäftstätigkeit eigenständig weiterführt”, und dass die Zusammenarbeit mit den übrigen offiziellen Rolex-Fachhändlern unverändert fortgesetzt wird.
Die Investoren des britischen Luxusuhren-Händlers Watches of Switzerland, der rund 50% seines Umsatzes von zuletzt rund 1,5 Mrd. £ mit Rolex und Tudor macht, wollten diesen Zusicherungen offenbar nicht trauen – die Aktie rasselte am Tag der Bekanntgabe des Deals um 30% nach unten und hat sich seither kaum erholt.
Auch abseits des Börsenparketts zeigt man sich alarmiert und hat Fragen, auf die es bis auf Weiteres aber keine Antworten gibt: Steigt Rolex jetzt selbst ins Retail-Business ein? Werden die Bucherer-Filialen bei der Belieferung gegenüber den anderen Konzessionären bevorzugt und à la longue vielleicht sogar ein „Monopol” auf die begehrte Marke haben? Steht eine Expansion des Bucherer-Filialnetzes zulasten unabhängiger Juweliere bevor oder aber dessen Verkauf an einen großen Retailer? Wie geht’s mit Carl F. Bucherer, der neuen Uhrenschwester von Rolex und Tudor, weiter?
Spekuliert wurde natürlich auch darüber, wie sich der Deal auf die Vertriebsstrategien anderer Top-Marken im Bucherer-Sortiment, wie etwa Omega, IWC, Cartier oder Breitling auswirken wird.

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