••• Von Dinko Fejzuli
Als „sensationell”, so bezeichnet Gewista-CEO Franz Solta im gemeinsamen, ausführlcihen Jahresinterview mit Andrea Groh, Chief Sales Officer, den Geschäftsverlauf im ersten Quartal dieses Jahres für den größsten Außenwerber des Landes. Das Wachstum bewegte sich zu diesem Zeitpunkt im zweistelligen Bereich, viele Hausaufgaben waren erledigt, und das Projekt, den Sales-Bereich neu aufzustellen, auch schon weit gediehen.
„Dann kam der Lockdown, der uns ein bisschen den Boden unter den Füßen wegzuziehen drohte, so wie vermutlich vielen Wirtschaftstreibenden in diesem Land”, so Solta über die Causa Prima nicht nur in Österreich. Doch die Schrecksekunde dauerte nur einen kurzen Moment und rückblickend hat man beim größten Außenwerber des Landes sofort wieder die anstehenden Projekte weitergeführt und vorangetrieben.
Ob Viooh – eine programmatische Planungs- und Handelsplattform für Außenwerbung, bei der die Themen automatisierter Einkauf, dynamische Content-Ausspielung und in Zukunft auch der programmatische Handel des digitalen Inventars ein Thema sind – oder die Integration des R&C-Marktools „OSA neu”, „wo man künftig dank einer Kooperation mit einem großen Mobilfunkunternehmen via Mobilfunkdaten ab dem Q2 2021 auf Stundenbasis über Frequenzzahlen für unsere digitalen Screens erhalten werden. „Es geht um digitale Transformation”, fasst Solta die Themen zusammen.
Breites Produktportfolio
Dazu gehöre auch die Digitalisierung von Shopping-Malls, wobei sich der Gewista-CEO hier noch mit Infos zurückhält; intern arbeite man aber mit Hochdruck an diesem neuen Projekt.
Ebenfalls mit Hochdruck treibt die Gewista seit geraumer Zeit die Neuaufstellung des Sales-Bereichs voran. Die zwei großen Themen, die man hier vor Augen habe, seien Effizienzsteigerung und Umsatzsteigerung, so Groh im medianet-Gespräch. „Wir haben ein sehr großes Produktportfolio. So breit aufgestellt zu sein wie wir, ist übrigens gerade in Krisenzeiten ein Vorteil. Die Aufgabe ist es, unsere Angebote bestmöglich für die werbetreibende Wirtschaft anbieten und aufbereiten zu können.” Solta dazu: „Und diese breite Aufstellung ist Gold wert. Nicht nur in normalen Zeiten, aber gerade in der Coronakrise haben wir gesehen, dass unsere vielen Standbeine und unsere Diversifikation einfach essenziell waren. Wir haben Dauerwerbung, Long Term Media, die uns getragen hat, wir haben das gute alte Plakat, wir haben Street Furniture, Rolling Boards, City Lights, wir haben Verkehrsmittelwerbung und natürlich DOOH; mit all den Instrumenten konnten wir schnell reagieren und etwa dort, wo die Verkehrsmittelwerbung durch die Frequenzrückgänge durch den Lockdown bemerkbar wurde, andere Angebote für unsere Kunden schnüren.”
Rückgänge gab es natürlich trotzdem: Nach dem sehr guten ersten Quartal spricht Solta von einem Minus von rund 50% für das Q2. Im Q3 war der Rückgang aber schon deutlich kleiner und blieb bei 15% stehen. Für Oktober verringerte sich das Minus abermals auf 10%.
Raus aus der Krise
„Übers Jahr gesehen rechnen wir mit einem Umsatzminus von ungefähr zwanzig Prozent”, so Solta mit einer Jahresprognose. Genau könne das niemand sagen, gerade im Zusammenhang mit dem zweiten Lockdown und anderen Dingen, die noch passieren können. „Unser Credo lautet ‚Raus aus der Krise' und wir tun alles, was wir können”, so der Gewista-CEO.
Die neuen, Corona-bedingten Umstände boten aber auch Platz für neue Ideen, und so hat die Gewista gemeinsam mit dem Kunden Zalando an sechs hochfrequentierten Standorten in Wien via Wartehäuschen-Sonderwerbeform eine kreative Sensibilisierungskampagne zum Thema MNS-Schutz unter dem Motto „Na Oida! Maske vergessen? Wearing is caring” umgesetzt. Diese Idee setzt JCDecaux jetzt auch in Berlin um.
Ein Citylight wurde so adaptiert, dass Passanten über das Scannen eines QR-Codes am Sujet direkt auf eine eigene Zalando Landing Page kamen. Durch Betätigen des dort aufscheinenden Zalando-Buttons wurden am City Light über einen Dispenser in Echtzeit einzeln verpackte MNS ausgegeben.
„Hier wird soziale Verantwortung perfekt mit den Möglichkeiten verknüpft, die solch kreative Out-of-Home-Sonderwerbeformen bieten”, so Groh über die schnell umgesetzte Idee für den Kunden Zalano.
„Cluster” lange vor Corona
Bei der Gewista hat man sich übrigens, lange bevor der Begriff durch Corona berühmt wurde, für eine Cluster-ähnliche Organisationsstruktur im Sales entschieden.
„Ein Bereich ist das Key Account-Management, wo die großen Mediaagenturen und die großen Key Accounts betreut werden. Dann haben wir eine auf KMU-Werbung spezialisierte Unit namens Stadtwerbung. Diese betreut vorwiegend die vielen kleinen und mittleren Betriebe. Daneben gibt es den Bereich Verkehrsmittelwerbung mit einer eigenen Unit und last but not least gibt es noch unsere jüngste Unit, die sich um das Kundensegment zwischen Key-Account und Stadtwerbung kümmert.
So können wir sicherstellen, dass das Prinzip One face to the Customer gewährleistet wird und eine optimale Bearbeitung des Marktes.
Der Vorteil für Kunden in dieser Organisationsstruktur: Es kommen nicht jeweils einzelne Verkäufer für die einzelnen Medien, sondern es gibt einen Betreuer oder Betreuerin, die den Kunden umfassend berät”, so Groh. „Aktuell entstehen hier eigene Profit-Center mit eigenen Zielvorgaben, die am Ende auch an ihrem Ergebnis gemessen werden”, ergänzt Solta.
Steuerungstool & Dashboard
Um all diese Prozesse optimal planen und umsetzen zu können, wurde auch ein eigenes Steuerungstool inklusive Dashboard entwickelt, wo alle Daten zusammenfließen, denn eines, so Groh, bliebe auch in Zeiten von Programmatic & Co wichtig, nämlich der direkte Kontakt zum Kunden.
„Auch in Zeiten von programmatischem Einkauf wird der persönliche Kontakt zum Kunden niemals zu ersetzen sein.” Außerdem wird in Zukunft nur ein Teil des digitalen Gewista-Portfolios via Programmatik buchbar sein.
Man sei aktuell durchaus auch noch in einer Art Lern- beziehungsweise Optimierungsprozess, und die Digitalisierung der Außenwerbebranche sei nicht mehr oder weniger als ein Paradigmenwechsel, so Groh. Hier gelte es noch einiges zu lernen – auch, weil man sich als Außenwerber nicht alles von Online abschauen könne, denn Out-of-Home funktioniere ganz anders. „Wir sind nicht one-to-one, wir sind one-to-many”, so Groh.
Und um auch für die Zukunft noch besser gerüstet zu sein, sucht die Gewista aktuell übrigens ihren ersten Head of Digital Data: „In diesem Bereich werden wir Erfahrungen und Learnings sammeln, denn nicht jede Konvention aus dem Onlinebusiness kann ins DOOH übernommen werden”, so Andrea Groh abschließend.