Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
PERFID. Ein kurzer Ausflug in das gar nicht so allegorische Moralstück von BP und dem ökologischen Fußabdruck: „Der britische Mineralölkonzern bewarb das Konzept schon in den 2000er-Jahren eifrig (‚Beyond Petroleum') und versuchte damit, den Klimawandel semantisch den Konsumenten umzuhängen. Diese konnten nun auf einer Website ihre persönliche CO2-Schuld ausrechnen und sich dann entsprechend schlecht fühlen. Und das taten sie auch. Wie von den Ölmagnaten gewünscht, zeigten die Menschen mit dem Finger bald nicht mehr auf sie, sondern aufeinander (…).” So zu lesen im neuesten Policy-Brief der Agenda Austria („Adam Smith: Klimaaktivist”). Und tatsächlich: Besser lässt sich die perfide Strategie der Schuld- und Beweislastumkehr im Kontext des Klimawandels nicht beschreiben.
Im Feilschen um Rabatte im moralischen Ablasshandel sortieren wir in allen Ecken der Wohnung Rest-, Glas-, Plastik- und Papiermüll, quetschen uns in überfüllte Züge, stürzen uns in den Innenstädten per Fahrrad in den Tod, essen kurz nach Weihnachten abgelaufenes Joghurt, füttern unsere Katzen vegan und kaufen regelmäßig ein paar Quadratmeter Regenwald … Bitcoin und die Gelegenheit, binnen ein paar Jahren stinkreich zu werden, haben wir ausgelassen. Weil: der Stromverbrauch. Und dennoch beschleicht uns das Gefühl, dass wir die Welt trotz allem nicht retten werden.
„Der Planet würde die Marktwirtschaft wählen” schreibt Agenda Austria und empfiehlt die CO2-Bepreisung als Grundstein globaler Klimapolitik mit Verweis auf das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS). „Wenn Europa der erste klimaneutrale Kontinent wird, weil das EU-ETS funktioniert und mit wachsendem Wohlstand vereinbar ist, dann wird es Nachahmer finden.” Und der Konsument? „Je umweltbewusster die Kunden sind, desto mehr Unternehmen müssen sich mit diesen Themen beschäftigen und gute Produkte und Prozesse entwickeln.” Wettbewerb bringe dann die beste Lösung hervor. Möge die Übung gelingen.