Der Tanz um die Kaufkraft
MARKETING & MEDIA Redaktion 20.10.2023

Der Tanz um die Kaufkraft

Der „heiße Herbst” ist wettermäßig vorbei. Jetzt beginnt jener der Kollektivvertragsverhandlungen.

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

 

KURZ UND SCHMERZLOS. Bei den Verhandlungen zum Metaller-KV entstehen interessante Fronten und spannende Querverweise: Mit „kein Abschluss unter der rollierenden Inflation” ging die Gewerkschaft ins Rennen. Man sei nicht bereit, einen Wertverlust der Löhne und Gehälter hinzunehmen. „Unsere Aufgabe ist nicht, die Kaufkraft in Österreich zu gewährleisten”, konterte Arbeitgebervertreter Christian Knill. „Sicher zweistellig”, bekräftigte die Gegenseite. „11,6 Prozent mehr” landete dann als offizielle Forderung auf dem Verhandlungstisch.

Tags darauf stiegen IHS-Chef Bonin und Wifo-Ökonom Bittschi in den Ring. Sie sahen in der Gewerkschaftsforderung eine „moderate Vorgehensweise”. Eine Lohn-Preis-Spirale müsse man nicht befürchten, gingen doch 80 Prozent der Produktion in den Export. Das ist eine für Ökonomen durchaus mutige Ansage.
Auftritt Georg Knill, Präsident der IV: Man sei nicht gewillt, die Inflation „doppelt zu bezahlen”. Mittels Antiteuerungsmaßnahmen der Bundesregierung seien die Reallohnverluste ohnehin weitgehend kompensiert. Fiskalratspräsident Badelt sah ein „Dilemma”. „Trotzdem ist eine Spirale eine Spirale”, meinte Wirtschafts- und Arbeitsminister Kocher.
Das Angebot der Arbeitgeber: 2,5 Prozent plus und eine Einmalzahlung. Das würde auf die Konjunktur drücken, so das Wifo. Einwurf des IHS: Warum nicht „flexible” Abschlüsse? Manche Unternehmen könnten sich den Abschluss in der Höhe der Inflation leisten, andere eben nicht.
Dazu ein kurzer Schauplatzwechsel: Der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) hat, statt ewig über Prozentpunkte zu feilschen, den Kollektivvertrag für Journalistinnen und Journalisten zum Jahresende 2023 gekündigt. Der Gewerkschaft bot man an, die Laufzeit bis Mitte 2024 zu verlängern. Damit bliebe Zeit für eine grundlegende Reform, damit der KV „den Anforderungen des globalen digitalen Medienmarkts gerecht wird”. Gut, die Produktion geht mehrheitlich nicht „in den Export”. Die Gewerkschaft ist empört. Die Wirtschaftsforscher schweigen.

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