Die Bedingungen sind für alle die selben
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MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 10.02.2017

Die Bedingungen sind für alle die selben

APA-Geschäftsführer Clemens Pig im medianet-Interview über die neue Austria Video Plattform, ihre Vorteile und ihr weiteres Potenzial.

••• Von Dinko Fejzuli

Vor gut vier Wochen ging die Austria Video Plattform (AVP) in Vollbetrieb. Erstmals in Österreich wird professioneller Video-Nachrichtencontent heimischer Produzenten den Internet-Nutzern auf österreichischen Online-Portalen in hochwertiger redaktioneller Qualität angeboten. medianet sprach mit APA-Geschäftsführer Clemens Pig, dessen Unternehmen hier als Austauschplattform fungiert


medianet:
Für jene, die nicht wissen, was die Austria Video Plattform ist – was kann die Austria Video Plattform aus ­Ihrer Sicht, was nicht diverse andere Content-Dienstleister ebenfalls können?
Clemens Pig: Die Austria Video Plattform ist eine neutrale Austauschplattform für Videocontent von Medienunternehmen mit klassisch-redaktionellem Kerngeschäft in Österreich. D.h. Premium Content für Premium Sites. Dies stellt auch bereits das klare Unterscheidungsmerkmal zu anderen Content-Dienstleistern dar. Es gibt derzeit kein vergleichbares Angebot von redaktionellem österreichischen Qualitäts-Videocontent in diesem Umfang – weder für Werbetreibende, noch für Newssites oder Contentprovider. Hervorzuheben ist auch der hohe Convenience-Faktor (Embed Code) bei der Integration der Videos in die Plattformen.

Für die österreichische Medienbranche stellt die Austria Video Plattform zudem einen wichtigen Schulterschluss dar, sich gegenüber den großen Internetgiganten durchzusetzen und Werbeerlöse abzusichern.


medianet:
Wer ist vor allem die Zielgruppe für den Service der Austria Video Plattform?
Pig: Einerseits Anbieter von Videos, d.h. Medienunternehmen, mit dem Ziel der kommerziellen Weiterverwertung ihrer redaktionellen Newsvideos.

Andererseits Inhaber von Internetplattformen, d.h. News­sites, die ihren Usern und der Werbewirtschaft ausreichend Onlinevideocontent zur Verfügung stellen.
Und darüber hinaus ist die Hauptzielgruppe natürlich der Medienkonsument. Die Inhalte der Austria Video Plattform kommen dem wachsenden Bedarf an Onlinevideocontent nach.


medianet: Welche Aufgabe kommt bei der Austria Video Plattform der APA zu?
Pig: Die APA dient hier als neutraler Betreiber hinsichtlich Technik, Betrieb und Wartung. Darüber hinaus managen wir die Vermarktung – sowohl im Sinne der Gewinnung von Plattformteilnehmern als auch in weiterer Folge die Vermarktung der Inhalte für die Werbewirtschaft. Dies wird über eine Real-time-bidding-Plattform abgewickelt.

Als übergeordnetes Ziel reiht sich die Austria Video Plattform als weiteres innovatives Projekt in die Paid-Content-Strategie der APA für die Medienhäuser ein.

 

medianet: Derzeit sind Portale von elf Verlagshäusern Online-Partner, und mit dem ORF bzw. autotouring.at gibt es auch zwei Video-Provider. Welche ­Voraussetzungen müssen Content-Provider erfüllen, um sich zu beteiligen?
Pig: Es muss sich um Medien­unternehmen mit klassisch-­redaktionellem Kerngeschäft handeln, das heißt die Inhalte müssen von Journalistinnen und Journalisten erstellt werden.

Die Inhalte unterliegen folgenden Kriterien: diese müssen untergliedert sein in thematisch einzeln abrufbare Videos (Clips), der Content-Provider muss sämtliche Rechte zur Weitergabe auf der Plattform geklärt haben, und die Inhalte haben professionellen journalistischen Standards und journalistisch-ethischen Grundregeln zu entsprechen.


medianet:
Im Vorfeld gab es Kritik vor allem seitens der Privatsender, die Rahmenbedingungen seien speziell auf den ORF zugeschnitten – auch etwa bei der zu liefernden Anzahl an Beiträgen, der kritischen Anzahl an Videos; diese könne nur vom ORF geliefert werden, lautet die Kritik.
Pig: Die Plattform steht allen Marktteilnehmern zu völlig gleichen Bedingungen offen; das Projekt wurde auch durch die Bundeswettbewerbsbehörde geprüft und positiv bewertet. Wir führen mit allen journalistisch produzierenden Medienhäusern Gespräche, u.a. mit den großen Privaten, den Regional TV-Sendern und weiteren Videoprovidern.

medianet:
Regionale TV-Stationen werden kaum in der Lage sein, 50 Videos pro Tag zu produzieren; selbst Sender wie ATV sehen sich dazu nicht in der Lage …
Pig: Die Mindestmenge von 50 Videos pro Tag bezieht sich lediglich auf die Bonifikation, welche erst ab dieser Menge zum Tragen kommt. Selbstverständlich kann jedes Medienhaus seinen Content in unbestimmtem Umfang und zu jeder Zeit in die Austria Video Plattform einspielen – und auch ab dem ersten Video von der Erlösteilung profitieren.

medianet:
Schließt das kleinere Contentlieferanten von vornherein aus, die aber durchaus interessante Inhalte anzubieten hätten?
Pig: Die Bonifikation zielt nicht auf die Vermarktung der Video-Beiträge ab, sondern auf die Menge des eingespielten Contents. Die 50 Videos pro Tag sind eine Mindestmenge, um als Contentlieferant diese Bonifikation zu erhalten. Die Bonifikationspartner partizipieren an den Werbeerlösen erst dann, wenn diese die Bonifikationssumme überschritten haben – alle anderen ab dem ersten ein- bzw. ausgespielten Video. Das Bonifikationsmodell ist ein zentraler Punkt, um insbesondere in der Startphase, eine ‚kritische Menge' an Videos zur Verfügung stellen zu können. Es ist daher auch auf zwei Jahre befristet.

medianet:
In Österreich gibt es mit R9 einen Verbund der regionalen TV-Sender, die sich hier zusammengeschlossen haben. Wäre das eine Möglichkeit, hier auf die geforderte Menge zu kommen?
Pig: Wir sprechen nicht nur mit einzelnen Regional-TV-Sendern, sondern auch mit der R9. Diese Gespräche sind im Laufen.

medianet: Könnte es also sein, dass in Zukunft diese Mindestgrenze aufgeweicht wird?
Pig: Die derzeitige Bonifikationsregelung ist – im Einklang mit der BWB – zunächst einmal auf zwei Jahre befristet. Es ist aus heutiger Projekt-Sicht offen, ob und wie die Regelung danach fortgeführt wird. Sie dient ja in erster Linie dazu, in der Startphase ausreichend Videocontent zur Verfügung zu haben.

medianet:
Als erstmals von der Austria Video Plattform die Rede war, winkte etwa die Styria zunächst ab. Womit konnte man diese überzeugen, hier doch mitzumachen?
Pig: Wir haben mit der Styria wie auch mit allen anderen Medien Gespräche geführt. Letztlich konnten hier sicher die Vorteile einer Teilnahme an der Austria Video Plattform überzeugen – nicht zuletzt, weil diese als offene Plattform konzipiert ist, die allen Marktteilnehmern offen steht.

medianet:
Wie sieht es bei den Themen des Video-Contents aus? Werden sich die teilnehmenden Portale auch speziellen Content bzw. Themen wünschen können?
Pig: Die Austria Video Plattform strebt eine möglichst breite und vielfältige Abdeckung von Themenbereichen an. D.h. ein breites Themenspektrum, inhaltliche Ausgewogenheit und über die medienüblichen Ressorts hinweg. Das ist durch das derzeitige Portfolio auch gegeben. Regionale und weitere Anbieter werden die Palette künftig noch bunter machen. In der derzeitigen Phase können sich Sublizenznehmer im Regelbetrieb keine speziellen Inhalte wünschen oder bestellen.

medianet:
Welche Rolle spielt das Thema ‚österreichischer Content' in der Austria Video Plattform?
Pig: Eine zentrale Rolle. Vor allem für den Userbedarf an regionalen News. Österreichspezifische Inhalte sind auf den Portalen naturgemäß sehr gefragt. Die Austria Video Plattform bietet diesen Video-Content in einem großen Umfang.

medianet:
Generell gefragt: Welchen Mehrwert hat es aus Ihrer Sicht für die User, sich als Medium bzw. Portal an der Austria Video Plattform zu beteiligen?
Pig: Die User der Portale profitieren bei einer wachsenden Anzahl von Themen vom multimedialen und damit bunteren und im Wortsinn ‚bewegteren' Storytelling. Die Vorteile für die an der Austria Video Plattform teilnehmenden Medien selbst liegen neben dem attraktiveren Angebot für die Kunden natürlich auch in zusätzlichen Werbeerlösen, die aus der Vermarktung generiert werden. Ein zentraler Aspekt ist hier die Absicherung des Werbemarkts für österreichische Medienhäuser und die Behauptung gegenüber den starken internationalen Konkurrenten.

Dafür ist es wichtig, ausreichend Online-Content, der ja auch nutzerseitig immer gefragter ist, sowie geeignete Modelle für dessen Verbreitung und Vermarktung – zu fairen Bedingungen – zur Verfügung zu stellen. Das sind Kriterien, die die Aus­tria Videoplattform erfüllt.


medianet:
Die Bedeutung von Video-Content steigt auch in den klassischen ­Social Media-Kanälen wie Facebook – und zwar zum Nachteil von textbasierten Inhalten. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Pig: Tatsache ist, dass Online-Videos derzeit boomen und von den Usern, resp. Medienkonsumenten, stark nachgefragt werden. Die technologischen Möglichkeiten machen es auch zunehmend leicht, diese Nachfrage zu bedienen.

Mit diesen Entwicklungen entstehen natürlich auch neue Möglichkeiten für die Nachrichtengestaltung. Das Video wird die Textnachricht nicht ersetzen. Manche Meldungen eignen sich besser für Texte und andere eher für Videos. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Formate einander vielmehr sinnvoll unterstützen und Storys damit dramaturgisch bereichert werden können. Guter, qualitativ hochwertiger Journalismus schafft es, die jeweils geeigneten Formate für die Komposition der Story richtig einzusetzen.

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