Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
RÜCKBLICK. Es gehört zu den bekanntesten Zitaten aus Monty Python’s „Leben des Brian”: „Abgesehen von der Medizin, den sanitären Einrichtungen, dem Schulwesen, dem Wein, der öffentlichen Ordnung, Bewässerung, Straßen, Wasseraufbereitung und Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?” Am gestrigen Donnerstag bekam, wer Interesse hatte, einen Überblick über die Leistungen des Ex-Bundeskanzlers, der nun auch den ÖVP-Klubobmann zurückgelegt hat. Dessen politische Ziele im O-Ton der gestrigen Pressekonferenz: „Dass sich arbeiten gehen in Österreich auszahlen muss, dass jeder, der arbeiten geht, auch von seinem Einkommen leben können muss, dass Migration nicht ungesteuert stattfinden darf, sondern es auch Grenzen braucht, und dass wir einen starken Wirtschaftsstandort brauchen, damit wir den Lebensstandard in unserem Land aufrechterhalten können.” Blicken Sie zurück, machen Sie sich selbst ein Bild.
Obskure Überzeugungstäter
„Toleranz ist der Verdacht, dass der andere recht haben könnte”. Dieses Zitat wird gern Kurt Tucholsky untergeschoben. Fortsetzung eines unbekannten Autors: „Intoleranz ist die Angst, der andere könnte recht haben.” Die heimischen „Gelbwesten” werden zunehmend radikal; nicht einmal Krankenhäuser sind mehr sicher vor dem Besuch der aufgebrachten „Querdenker”, „Impf-Skeptiker”, „Corona-Leugner” … Die mittels ideologisch gefärbter Stricke zusammengezurrte, bunte Wertegemeinschaft beginnt, Züge einer Religionsgemeinschaft anzunehmen. Motto: Realität ist ein soziales Konstrukt, das man per Umdeutung beliebig ändern kann.
Glauben heißt nicht wissen, damit konnte man ehedem mittels obskurer Logik provozieren; jetzt ist es schlimmer: Die durch die Städte ziehenden Horden glauben inzwischen, mehr zu wissen … Im juristischen Kontext wird der „Gute Glaube” übrigens für Situationen verwendet, in denen jemand zwar gegen das Gesetz handelt, dies jedoch ohne Vorsatz. Damit kehren wir im Grunde zurück zum vorhergehenden Thema.