Fernsehen mag man eben
© Martina Berger
Roland Weißmann
MARKETING & MEDIA Redaktion 22.04.2022

Fernsehen mag man eben

In unsicheren Zeiten helfen verlässliche TV-Sender. Doch trotz eines satten Plus gibt es mit Streaming ordentlich Konkurrenz.

••• Von Georg Sander

Der TV-Markt entwickelt sich positiv, nach einem Minus im Vorjahr wächst man nun um 18,8%. Das ist für die TV-Sender gut, allerdings ist das ebenfalls beliebte Streaming eine gewisse Konkurrenz. medianet hat die Branche nach den wichtigsten Entwicklungen im vergangenen Jahr befragt, und es zeigt sich: Es wird viel ferngesehen, aber auf diesem Erfolg dürfen und wollen sich die TV-Sender keinesfalls ausruhen.

Großes Vertrauen

Der ORF hat mit Roland Weißmann einen neuen Generaldirektor, der mit positiven Neuigkeiten starten darf. Auf Anfrage lässt er wissen: „Der ORF ist Marktführer im Fernsehen und wir sind für das große Publikumsvertrauen sehr dankbar. Gerade in Krisenzeiten sehen wir, wie wichtig ein starkes öffentlich-rechtliches Medium ist. Neun von zehn Österreichern nutzen täglich zumindest ein ORF-Medium in Fernsehen, Radio oder Online.” ProSiebenSat.1 Puls 4-CEO Markus Breitenecker unterstreicht ebenfalls die Bedeutung von TV: „Fernsehen ist nach wie vor das Massenmedium schlechthin in Österreich und genießt größtes Vertrauen als verlässliche Informations- und Unterhaltungsquelle in allen Zielgruppen.” Noch immer sehe ein überwiegender Großteil der Österreicher täglich Inhalte von TV-Sendern, egal ob live, zeitversetzt oder online. W24-Geschäftsführer Marcin Kotlowski bringt es ergänzend auf den Punkt: „In der Krise wurde das Fernsehen zum Leitmedium. Die Nutzungsdauer von TV ist durch die Pandemie deutlich gestiegen.”

Im Fernsehen steht aber nicht nur Information im Mittelpunkt, wie Ferdinand Wegscheider, Intendant von ServusTV, erklärt: „Gerade der Vorabend entwickelt sich mit der Mischung aus Information und Unterhaltung mit unseren beiden Quizsendungen stark. Auch mit unserem exklusiven Premium-Sportangebot wie der Formel 1 und der UEFA-Champions-League begeistern wir Millionen Zuschauer.”
Claudia Ostermann-Schabata, Leitung Marketing & Innovation bei IP Österreich, meint: „Die letzten zwei Jahre haben die Stärken von TV sowohl im Werbemarkt, aber auch bei den Zusehern wieder verstärkt ins Bewusstsein gerückt.”
Corinna Drumm vom Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) führt noch eine weitere Stärke des Fernsehens ergänzend ins Treffen: „TV-Werbung kann Menschen besonders gut emotionalisieren.”

Corona-Nachhaltigkeit

Was allen bewusst sein muss: Natürlich haben die zwei Jahre Coronapandemie dazu geführt, dass Medien, also auch TV, stärker konsumiert wurden. Wie kann man dieses Niveau halten? Der ORF setzt laut Weißmann „im Rahmen unserer Young-Audience-Strategie einen Schwerpunkt beim jungen Publikum”. Darüber hinaus soll etwa der ORF1-Vorabend gestärkt werden, mit österreichischen Filmen, Serien und Dokumentationen; Kultursommer oder Fußball-WM kommen noch dazu.

ServusTV will sich vor allem von den Mitbewerbern unterscheiden: „Es ist wichtig, sich vom Mitbewerb klar zu unterscheiden, sei es durch eigenproduzierte Fiction, exklusive Sport­rechte oder durch einzigartige Sendermarken wie zum Beispiel ‚Heimatleuchten' und ‚Bergwelten', die typisch für ServusTV sind.”
Ostermann-Schabata bezieht sich hierbei nicht nur auf den Inhalt: „Das kommt vermutlich darauf an, für welchen Bereich man die coronabedingten Veränderungen betrachtet. Im Fall der IP Österreich haben wir dadurch das flexible Arbeiten nun fix in unserem Unternehmen etabliert.” Dazu kommen etwa verstärktes Employer Branding und neu strukturierte Units.
Anders sieht es beim Regionalsender aus. Kotlowski meint: „Wir freuen uns insgesamt über eine stärkere Rolle des regionalen Stadtfernsehens und unserer gestiegenen Reichweite. Unser Programmversprechen, ‚So nah wie möglich an den Wiener Grätzln zu sein', kommt offenbar sehr gut an.”
Breitenecker setzt einerseits auf guten Journalismus, andererseits auf die App: „Unsere Plattform wird gerade auch weiterentwickelt, und bald werden neue interaktive Features hinzukommen, sodass wir sowohl linear, als auch im Livestream und in einer Mediathek für unsere Zielgruppen Public Value in breiter Form zur Verfügung stellen können.”

Zukunft Streaming?

Streaming ist ein gutes Stichwort, setzen doch internationale Anbieter die TV-Sender durchaus unter Druck. „Konsumenten haben heutzutage unüberschaubare Möglichkeiten, Medien zu konsumieren – entscheidend, welche Plattformen bzw. Medien sie vorwiegend nutzen, wird letztendlich der Content sowie die Auffindbarkeit und Usability sein”, sagt Ostermann-Schabata.

ServusTV reagierte mit „ServusTV On”, einer Plattform, die etwa gut 40 Premium-Sportprodukte bietet. Wegscheider weiß: „Entscheidend ist unverwechselbarer Content, egal über welchen Ausspielkanal.”
Breitenecker rückt lokalen Content in den Fokus und meint: „Wir als Bewegtbildproduzenten müssen uns natürlich auch transformieren. Auf diesem Weg befinden wir uns gerade – vom privaten Broadcaster in ein digitales Medienhaus.”
Ein Weg, der auch für den ORF entscheidend ist. „Wenn wir das Feld nicht den Netzgiganten überlassen wollen, müssen wir den Medienstandort Österreich insgesamt durch mehr Kooperation stärken”, so Weißmann, der abschließend noch die Sieben-Tages-Frist kritisiert: „Eine Anpassung der gesetzlichen Rahmenbedingungen im Online-Bereich ist von zentraler Bedeutung.”
Mit all dem soll TV in Zukunft durchstarten, um dem Anspruch des Massenmediums gerecht werden zu können. Oder wie es der W24-Geschäftsführer auf den Punkt bringt: „Das Wich­tigste aus unserer Sicht ist es, relevant für das Publikum zu sein.”

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