••• Von Georg Sander
WIEN. Nachdem die Olympischen Sommerspiele in Tokio letztes Jahr verschoben wurden, kämpfen die Veranstalter in Japan mit Schwierigkeiten. Doch nicht nur die Pandemie macht der olympischen Bewegung zu schaffen. In den letzten Jahren gab es viele Dopingskandale, Korruptionsvorwürfe begleiten die Vergabe der Spiele. Im März musste zudem Hiroshi Sasaki, Kreativdirektor der Spiele in Japan, wegen eines Sexismusskandals zurücktreten. Und über allem steht noch dazu die Covid-19-Pandemie. Am 23. Juli sollen die Spiele eröffnet werden, am vergangenen Wochenende sah sich die japanische Regierung gezwungen, den Notstand auf mehrere Regionen auszuweiten, eine Petition mit aktuell über 350.000 Unterstützern spricht sich gegen die Olympischen Sommerspiele aus.
Ausländische Fans sind nicht erlaubt, dennoch haben im Dezember alle lokalen Sponsoren ihre Verträge verlängert. Die Kosten belaufen sich auf offiziell rund 13 Mrd. €, Experten schätzen die Kosten auf 20 Mrd. Immerhin kann das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf Weltmarken zählen. Coca-Cola, Airbnb, Alibaba, Visa, Samsung und weitere Weltmarken schmücken sich mit der olympischen Bewegung. Als im März 2020 die Spiele verschoben wurden, hielten alle die Treue. Doch die geänderten Rahmenbedingungen stellen alle vor Herausforderungen, nicht zuletzt auch die Fernsehanstalten, die die Spiele mehr denn je in die Wohnzimmer der Welt bringen.
Neue Umstände
In Österreich dafür verantwortlich, dass die Olympischen Sommerspiele überhaupt gesehen werden können, ist wie gewohnt der ORF. Doch welche Konsequenzen ergeben sich aus der Corona-Situation? ORF-Sportchef Hans-Peter Trost erklärt auf Anfrage gegenüber medianet: „Hinter den Kulissen heißt das, dass das ORF-Team in Tokio kleiner ist, als sonst bei Olympischen Spielen.” Für die Berichterstattung heiße das, dass „wir uns noch mehr auf die heimischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer fokussieren werden – ohne dabei jedoch den Blick auf die Spiele als Gesamtereignis zu verlieren.” Für Letzteres sorgen die zahlreichen Live-Signale, die von den unterschiedlichsten Wettkampfstätten am Regieplatz zusammenlaufen.
Eine Herausforderung – auch für das Team vor Ort, wie Trost zugibt: „Die Kolleginnen und Kollegen erwarten zweifelsohne Spiele wie sie sie noch nie erlebt haben, mit strengen Corona-Auflagen und höchstwahrscheinlich ohne Live-Publikum aus aller Welt.” Dass weniger Menschen einschalten könnten, glaubt Trost hingegen nicht: „Das Bedürfnis, auch der TV-Zuseherinnen und Zuseher, wird groß sein, einen solchen Großevent nach einem sehr eingeschränkten Sportjahr mitzuverfolgen.”
Hoffnung auf rot-weiß-rot
Alle, die mit Olympia hierzulande werben, hoffen freilich auf Medaillen (oder zumindest knappe Entscheidungen). Denn während man im Wintersport verlässlich liefert, sieht es im Sommersport anders aus. Im Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele in Pyeongchang 2018 landete das kleine Österreich auf Rang 10, in Sotschi 2014 auf Platz neun, vor Frankreich. Bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro 2016 gab es hingegen gerade eine Bronzemedaille im Segeln durch Tanja Frank und Thomas Zajac und 2012 ging man leer aus. Dabei, so vernimmt man, ist es hierzulande quasi egal, in welcher Sportart ein rot-weiß-roter Athlet Richtung Medaille unterwegs ist, sei es im Turnen, Segeln oder bei den Schützen.
„Natürlich sorgen österreichische Erfolge für ein gesteigertes Interesse und ebensolche Reichweite”, erklärt Hans-Peter Trost. „Gerade im Sommer ergeben sich da oft erstaunliche Publikumshits, wie zuletzt etwa Segeln oder aber beispielsweise Judo, wenn ein Österreicher oder eine Österreicherin auf Medaillenkurs ist. In Tokio ist etwa zu erwarten, dass Klettern, wo Österreich zur absoluten Weltspitze gehört, ein echtes Highlight wird. Vielleicht aber auch Synchronschwimmen, wie die Erfolge bei der EM zuletzt gezeigt haben.” Ein Quotenzugpferd könnte Tennisstar Dominic Thiem sein, der im Herrentennis zur absoluten Weltspitze gehört. Allerdings kann die Pandemie den Spielen eben noch einen Strich durch die Rechnung machen.
In der Schwebe
Während das andere sommerliche Großereignis, die Europameisterschaft im Fußball, definitiv stattfindet, gibt es vor allem in Japan massive Kritik – über die Petition hinausgehend. Regierungschef Yoshihide Suga will die Spiele durchziehen. Aber auch die Sportler äußern Kritik. Etwa Golf-Masters-Champion und Lokalmatador Hideki Matsuyama: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wenn es wirklich sicher ausgetragen werden kann, würde ich gerne die Goldmedaille anstreben.” Zuversicht sieht anders aus.