Gastkommentar ••• Von Michael Rohrmair
Der österreichische Transaktionsmarkt war im vergangenen Jahr auf Rekordkurs. 2017 flossen bei 345 Unternehmenskäufen 14,7 Milliarden Euro – ein Plus von 37 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016 und das höchste Deal-Volumen seit 2007. Ein Grund für diesen Boom ist die Problematik der Unternehmensnachfolge, die in den letzten Jahren stark an Relevanz gewonnen hat.
Vor 20 bis 30 Jahren wurde familiäre Nachfolge noch als selbstverständlich angesehen. Heute spielt die Thematik der Selbstverwirklichung eine immer größere Rolle. Diesbezüglich sind auch Agenturen keine Ausnahme. Viele gingen in den 90er-Jahren an den Start und stehen nun vor der Frage der Zukunftssicherung. Der M&A-Prozess von Agenturen bringt dabei einige Besonderheiten mit sich.
Die Rolle der Eigentümer
Die meisten Agenturen sind stark an ihre Eigentümer gebunden. Am Beginn steht die Frage, wie lange die Eigentümer noch mit an Bord bleiben und wie stark man sie noch einbinden kann bzw. möchte. In der Regel versucht man, sie noch drei bis vier Jahre lang mitzuführen, um eine reibungslose Übergabe zu garantieren. Besonders gängig sind bei Agenturen Earn-out-Modelle: Im Kaufvertrag wird ein Anteil des Kaufpreises definiert, der zu einem späteren Zeitpunkt erfolgsabhängig bezahlt wird.
Der Wert einer Agentur
Um den Wert einer Agentur zu ermitteln, reicht es nicht, die Verkäufe der vergangenen Jahre zu errechnen. Neben der Analyse interner Komponenten wie Ertragskraft, Kundenstruktur inklusive bestehender Verträge und Ausrichtung der Agentur müssen auch externe Faktoren, wie die Entwicklung des Marktes, berücksichtigt werden. Das Ergebnis ist schlussendlich zumeist ein Umsatzmultiplikator zwischen 0,7 und 1,3.
Management-Buyout
Eine häufige Variante der Zukunftssicherung ist bei Agenturen ein Management-Buyout. Wenn Mitarbeiter mit ihren Vorgesetzten auf Augenhöhe verhandeln, stellt dies eine ungewohnte, emotionale Situation dar, die ohne professionelle Begleitung leicht aus dem Ruder laufen kann. Im Worst-Case-Szenario verkauft der Eigentümer am Ende seine Agentur nicht und verliert zusätzlich sein Management-Team.
Lückenhafte Vorbereitung
Agenturen agieren auf Präsentationsseite zumeist professioneller als Unternehmen anderer Branchen. Die inhaltliche Vollständigkeit der Unterlagen lässt jedoch oft zu wünschen übrig. Lückenhafte Angaben verlängern nicht nur den gesamten Prozess, sondern wirken sich auch auf die Wertschätzung seitens des Käufers aus. Schnell wird von schlechten Unterlagen auf mangelnde Management-Kompetenz geschlossen.
BWL-Wissen fehlt oft
Vielen Verkäufern fehlt es zudem an betriebswirtschaftlichem Wissen. Oft vernachlässigt werden Verbindlichkeiten sowie das Verhältnis von Eigen- und Fremdkapital. Auch bezüglich des Timings sind unrealistische Vorstellungen keine Seltenheit. Bereits das Verfassen eines Investment-Memorandums nimmt ein bis zwei Monate in Anspruch. Ein durchschnittlicher M&A-Prozess in einer Größenordnung von 3 bis zu 30 Millionen Euro dauert ungefähr acht Monate.