Man kann doch nicht kommunizieren
MARKETING & MEDIA Dinko Fejzuli 21.09.2018

Man kann doch nicht kommunizieren

Der Rückzug von Christian Kern war nicht nur ein Glanzstück politischer Misskommunikation.

Kommentar ••• Von Dinko Fejzuli

 

FEHLSTART. Freund, Feind, Parteifreund, so lautet gemeinhin die Entwicklung der Evolutionsstufe zwischenmenschlicher Nähe von gut bis ganz schlecht – zumindest in Österreich.

Was das bedeutet, konnte Ex-Bundeskanzler und noch SPÖ-Parteichef Christian Kern in den letzten drei Tagen am eigenen Leib erfahren. Nicht ganz ohne eigenes Verschulden, muss man hinzufügen.
Da hat er sich sicher seit geraumer Zeit Gedanken gemacht, ob und wie er politisch weitermachen will – dass die Rolle des Oppositionsführers nicht seins war, konnte man auch mit einem Auge erkennen –, fasst endlich den Entschluss, sich aus dem österreichischen Parlament zurückzuziehen und ins europäische zu wechseln, um dann die Ankündigung, die eine Initialzündung für den EU-Wahlkampf, vielleicht sogar als Spitzenkandidat der Europäischen Sozialisten anzutreten, werden sollte, medien- und kommunikationstechnisch zu versemmeln.

Auch kein Ruhmensblatt für die Medien

Ein von Menschen außerhalb der Twitterblase kaum diskutierter Kollateralschaden war und ist die Art, wie sein Wechsel, der zunächst nur als Rücktritt kolportiert, in den Medien behan­delt lwurde. Zunächst war nämlich nicht vom Wechsel nach Brüssel, sondern von einem ­Absprung des in Richtung Energieriese Gazprom die Rede.

Eine gezielte Indiskretion, die Kern schaden sollte, zugetragen offensichtlich von nur einer „Quelle” an den Chefredakteur einer heimischen Tageszeitung. Die Info war falsch, und das Medium, welches die Meldung zunächst online und dann wieder offline stellte (da hatten es auch andere schon übernommen), blamiert.
Nun wird hitzig darüber diskutiert, ob so jemand, der gezielt Falschinformationen an Medien heranträgt, überhaupt als schutzwürdige Quelle behandelt werden darf – manche verlangen schon ein Outing. So weit würde ich nicht gehen, ungeachtet dessen, was passiert ist. Nur: Als Quelle würde ich so jemanden auch nicht bezeichnen.
Lügner würde es wohl eher treffen.

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