WIEN. Zum Austausch über die Lage und Zukunft der Medien haben die Neos kürzlich anlässlich einer Medien-Enquete geladen, und es wurde einmal mehr in diversen Keynotes und Panels klargestellt, dass die Zukunft gestaltet werden muss.
Neos-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger zeigte sich überzeugt, dass eine lebendige, vielfältige Medienlandschaft, die möglichst unbeeinflusst arbeiten kann, ein „essenzieller Baustein für die Demokratie” sei. Es sei jedoch wenig in diese Richtung gearbeitet worden. Vielmehr werde darüber diskutiert, wie man Medien beeinflussen könne.
Der geladene Keynote-Speaker Leonard Novy, Direktor des in Deutschland angesiedelten Instituts für Kommunikations- und Medienpolitik, schilderte, dass die gesellschaftliche Akzeptanz und die politische Unterstützung für öffentlich-rechtliche Medien schwinde. Das System befinde sich an einer kritischen Weggabelung. „Heute entscheidet sich, ob wir in zehn Jahren noch gesellschaftlich relevante Medien haben”, meinte er. Gäbe es keine öffentlich-rechtlichen Medien, müsste man sie aber erfinden. „Aber dann würde man sie heute ganz anders bauen”, so Novy.
Wille und Weg
Derzeit beobachtet er einen „Trend zur Selbstkommerzialisierung”, den es zu korrigieren gelte. Nicht nachvollziehen könne er das „De-facto-Verbot” für den ORF, für Social Media zu produzieren. Den Auftrag des ORF anhand von Plattformen zu definieren, erscheint ihm angesichts der zunehmenden Medienkonvergenz als „realitätsfern”. So verliere der ORF seine Anschlussfähigkeit, meinte Novy. Ändern könnte dies die Medienpolitik, die derzeit an einer ORF-Digitalnovelle feilt. Nicht gearbeitet wird dabei an einer Gremienreform. Diese täte dem ORF und dem Land aber gut, so Novy mit Blick auf die ORF-Stiftungsräte, von denen über 50% als ÖVP-nah gelten.
Markus Breitenecker, CEO der ProSiebenSat.1 Puls 4-Gruppe, will das duale Rundfunksystem überwinden und mit dem ORF zu kooperativer Zusammenarbeit finden. Derzeit sei der ORF aufgrund seiner Gebührenfinanzierung und Werbemöglichkeiten „stark privilegiert”. Was der ORF in Konkurrenz zu den Privaten mache, müsse zurückgefahren werden, was in Konkurrenz zu den Silicon-Valley-Giganten geschehe, müsse dagegen gestärkt werden, meinte er bei einer Medien-Enquete der Neos im Parlament.
ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher betonte, dass es schon Zusammenarbeit mit den Privaten gebe – etwa im Rahmen des 4Gamechangers-Festivals. Wenig hielt sie davon, den ORF im digitalen Raum einzuschränken: „Die Sozialen Medien als Sperrgebiet für den ORF zu definieren, halte ich für falsch. Wo denn sonst sollen wir junge Menschen mit qualitativen Inhalten erreichen?”
Nicht nachvollziehen konnte Thurnher Breiteneckers Forderung nach verstärkten Werbebeschränkungen.
Forschungsergebnisse würden zeigen, dass die Werbegelder in diesem Fall nicht 1:1 zu anderen österreichischen Anbietern wandern, sondern ins Silicon Valley, so Thurnher. ORF-Umfragen würden zudem zeigen, dass jüngeren Personen der öffentlich-rechtliche Beitrag durchaus wichtig sei. „Das stimmt schon hoffnungsfroh”, so Thurnher. (APA/red)