Sie wollen keinen Kuchen essen
MARKETING & MEDIA Redaktion 28.02.2025

Sie wollen keinen Kuchen essen

Moderne Abnehmmittel verändern das Geschäft mit Lebensmitteln. Eine Zeitenwende?

Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider

MAHLZEIT. Im Lebensmittelhandel schwächt sich das Wachstum ab, die Nahrungs- und Genussmittelindustrie stöhnt unter hohen Produktionskosten. Was hierzulande jedoch noch nicht am Radar blinkt, ist eine Auswirkung der diversen Fettwegspritzen. „Seit Jahrzehnten vermarktet die Lebensmittelindustrie Produkte an Menschen, die nicht aufhören können zu essen – und nun können sie es plötzlich doch”, schrieb vor ein paar Wochen das New York Times Magazine. Aus den USA kommen Hiobsbotschaften. Rund sieben Millionen Amerikaner nutzen derzeit Medikamente wie Wegovy oder Ozempic, und Morgan Stanley schätzt, dass die Zahl der Nutzer in den USA bis 2035 auf 24 Millionen steigen könnte. 24 Millionen Einkäufer, die ihre Kalorienzufuhr im Schnitt auf die Hälfte senken, versetzen Industrie und Handel in Unruhe.

Denn Ozempic-Nutzer essen nicht nur weniger – sie essen auch anders. Die Medikamente scheinen nicht nur den Appetit zu zügeln, sondern auch Zunge und Verlangen umzuprogrammieren. Die Lust auf hochverarbeitete Lebensmittel sinkt. Farbstoffe, Bleichmittel, künstliche Süßstoffe und modifizierte Stärken mutieren zu unerwünschten Geschmacksträgern; salzige und süße Snacks, Fertiggerichte, allesamt Lieblinge der Lebensmittelindustrie, verlieren ihren Reiz.

Die einfache Lösung ist, gesündere Produkte zu entwerfen. Auch attraktiv geschnitzte Karottensticks sind Convenience-Food. Allerdings führt Gemüse auch in Snackform selten zu hochfrequenten Impulskäufen. Die großen Lebensmittelkonzerne in Übersee versuchen somit fieberhaft, sich anzupassen. Viele chemische Zusätze schmecken für die neuerdings feiner getunten Gaumen unangenehm. Aromenhersteller entwickeln deshalb „Maskierungsmittel”, um diese Geschmacksnoten zu überdecken – doch auch diese können seltsam schmecken. Die Lösung: weitere Maskierungsmittel. An weniger redundant angelegten Alternativen wird intensiv geforscht. Ein guter Zeitpunkt, Österreich für seine Tendenz zu regional und bio zu feiern …

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