••• Von Georg Sohler
Die Wiener Digitalexperten von LimeSoda kennen sich im Web aus, haben Bernd Pfeiffer und Philipp Pfaller doch schon 2002 gegründet, Klaus Feiler stieß kurz danach dazu. Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten läuft es für die Digitalagentur, die eigentlich aus einer Rockband hervorgegangen ist. Wie in der Musik teilen sich die drei Eigentümer ihre „Instrumente” auf: Pfeiffer leitet Kreation und Social Media, Feiler den Typo3-Bereich und die technische Infrastruktur, Pfaller ist CEO und berät in E-Commerce und Online-Marketing.
Letzteres ist dieser Tage hoch relevant, wollen doch alle ihre Kundschaft gerne online servicieren, was zwischen US-Riesen und China-Diskont gar nicht so einfach ist. Pfaller kennt die Formel: Erfolgreiche Digitalisierung + USP + professionelle Umsetzung. Im Interview mit medianet illustriert er, wie diese Rechnung mit Inhalt gefüllt werden kann – von der Technik bis hin zum Personal.
Nicht nur pixelige Fotos
„Wenn ein Webshop nicht funktioniert, hat man im Vorfeld seine Hausaufgaben nicht gemacht. Wie im Geschäft verkaufen sich im Webshop nur Produkte, die perfekt präsentiert werden. Wir benötigen hier nicht nur die Produktbezeichnung, eine Zeile Beschreibung und ein pixeliges Foto”, weiß er. Hinter jedem Teil der Formel steht also ein Bündel an Maßnahmen. „Wenn nicht der billigste Preis mein Argument ist, braucht es eine starke Brand, gutes Storytelling, ein perfektes Einkaufserlebnis, nützliche Features und Ratgeber-Content oder wirklich einzigartige Produkte”, stellt er klar. Das gelte im Geschäft und auch online.
Es gibt vorab eine Reihe an Fragen, die beantwortet gehören, etwa: Welches Zubehör passt zu diesem Produkt? Wie sieht es mit Varianten in Größe und Farben aus? Gibt es Übersetzungen? Die Erstellung dieser Daten ist Digitalisierung, kein Webshop-Projekt: „Oft existieren Preiskonditionen oder Kundeninformationen nur in den Köpfen des Sales Teams, und das ERP-System verfügt über keine brauchbare Schnittstelle zur Übermittlung von Lagerständen oder Preisen. Diese Dinge müssen vor der Umsetzung des Webshops gelöst sein.” Gefragt sind beispielsweise je nach Produkt emotionale Produkttexte, hochwertige Packshots und Lifestyle-Fotos, Spezifikationen, Anwendungsbeispiele, Downloads oder Videos.
Den Kunden im Kopf
LimeSoda achtet in der Umsetzung auf solide Lösungen, schließlich „wechseln Firmen ihre E-Commerce-Partner nicht nach wenigen Jahren. Manche Kunden betreuen wir seit mehr als 15 Jahren auf derselben, regelmäßig gewarteten Plattform.” Nach Konzeption und Aufsetzung des Webshops folgen nicht-funktionale Themen wie Suchmaschinenoptimierung, IT-Sicherheit, Rechtskonformität und Co., dann „darf ich 2024 natürlich auch über die hippen Dinge nachdenken: Kann mir KI bei Bildern, Texten, beim Crossselling, bei der Marketing-Automation oder der Suche im Webshop helfen? Wäre Augmented Reality wichtig für das Einkaufserlebnis? Brauche ich einen Chatbot?”
Einfacher sei das alles in den Jahren neben stets neuen technischen und rechtlichen Themen nicht geworden. Dem Kampf um Kunden zwischen großen Marktplätzen und kleinen Händler müssten sich die LimeSoda-Partner eben stellen, auch wenn es analog zum stationären Handel eine individuelle Entscheidung der Konsumenten sei, beim Multi oder KMU zu shoppen. „Preislich kann kaum jemand mit. Das liegt auch an der wenig nachhaltigen Vorgehensweise der Handelsriesen. Produktionsbedingungen, Langlebigkeit oder Umweltschutz stehen dort nicht auf der Agenda. Zahlreiche höchst erfolgreiche Kleinbetriebe und Mittelständer zeigen aber, dass es möglich ist.”
Ohne Strategie geht nix
Die, die damit erfolgreich sind, haben auch eine gute Online-Marketing-Strategie. Diese beherrscht LimeSoda mit mehr als 50 fix Angestellten an Standorten in Wien, St. Pölten und Linz. Man kombiniert die eigenen Kanäle wie Website und Social Media-Accounts mit bezahlter Werbung, Search Ads, Social Ads und programmatisch ausgespielter Werbung inkl. Audio- und Video-Ads: „Image- und Performance-Kampagnen kombinieren wir mit kreativem Content und Landingpages. Besonders wichtig: Conversion-Tracking, Analytics und Datenschutz.” Denn diese Dinge „hängen” sonst oft zwischen den verschiedenen beteiligten Akteuren wie Online-Marketing-Agentur, Webagentur und interner IT. Pfaller und Co. setzen dabei übrigens nicht nur auf B2C: „Wir sind schon seit mehr als 15 Jahren hoch auf B2B-Webshops spezialisiert; dieser Bereich macht ca. die Hälfte unseres E-Commerce-Umsatzes aus.”
Nicht nur B2C …
Kundenindividuelle Preise und Sortimente, Schnellbestellmasken, Farbassistenten, Einkaufshierarchien und -budgets, Schnittstellen zu ERP/CRM/PIM und hohe Anforderungen an die Performance zeichnen diese Projekte aus. Manche Kunden konnten mit dem Webshop über 90% aller Bestellungen von den klassischen Kanälen auf online verlagern. Mit den Systemen Shopware und Adobe Commerce/Magento hat die Agentur zwei Marktführer für mittlere Webshops bis Enterprise im Programm. Bei kleineren Projekten kommt das weltweit extrem verbreitete System WooCommerce zum Einsatz, aber auch individuelle und außergewöhnliche Projekte können umgesetzt werden. E-Commerce-Kunden sind derzeit der größte österreichische Werbetextilienhändler Cotton Classics (B2B), der international agierende Wiener Luxusschmuckanbieter Freywille, die Firma Petco mit Hunde- und Katzenfutter-Marken wie Dog’s Love, Cat’s Love und Wow, weiters Meinl am Graben oder Vienna Sightseeing.
Starkes Team notwendig
Um all das zu erreichen, braucht es ein starkes Team, das wie die drei Partner jeden Tag selber gerne in die Arbeit kommen soll, mindestens aber zwei Tage pro Woche. Dafür müssen die Arbeitsbedingungen stimmen: faires Gehalt, fast keine Überstunden, flexible Teilzeit, Telearbeit. Das wird auch wahrgenommen, ist man doch Sieger für Betriebliche Gesundheitsförderung beim Firmenfitness-Award und Träger des staatlichen Gütezeichens für Familienfreundlichkeit sowie des webAd-Sonderpreises für Nachhaltigkeit. Im Kampf um die besten Köpfe gibt LimeSoda also viel, das fängt schon bei der Ausbildung von Praktikanten und Lehrlingen an. Letztlich geht es nur im Team: „Wir lehnen Aufträge manchmal wegen Kapazitätsengpässen ab. Outsourcen ist nicht unser Weg und wir stellen auch bei knappen Ressourcen nur Spezialisten an, die gut ins Team passen. Überhaupt entscheidet bei uns das Team und nicht die Geschäftsführung, ob wir neue Projekte annehmen.”