Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
SCHLAGZEILEN. Es ist das Thema, das derzeit alles andere überrollt. Vergessen sind Kassenreform und Mindestsicherung, Steuerreform und Schnitzelpanier. Österreich hat wieder einen handfesten politischen Skandal. Das Faszinierende daran: Um daran teilzuhaben, muss der interessierte Beobachter sich nicht durch verschriftlichte Berichte quälen. Nein, dem Trend zur Bewegtbildnutzung entsprechend, haben wir die ganze Malaise per Videoaufzeichnung serviert bekommen. Häppchenweise, mit Untertiteln, prominenten Hauptdarstellern – und sogar der archetypischen Femme Fatale.
Spannend ist auch der Plot-Twist, der das Filmdrama mit durchaus komödiantischen Effekten in einen – zugegebenermaßen noch etwas hatscherten – Agententhriller verwandelt hat (Auftritt Privatschnüffler). Was #ibizagate von ähnlich Gelagertem – wie der Kreisky-Wiesenthal-Affäre, der Causa Waldheim, dem Lucona-, Noricum-, AKH-Skandal oder auch der Hypo Alpe Adria – unterscheidet, ist eben auch diese praktische Art der Aufbereitung. Nicht nur Viralmarketer wissen, was gemeint ist.
Gleichzeitig birgt genau das gewisse Risiken. Was darf man publizieren, was darf man teilen, wer darf das und in welchen Medien? Inwiefern schützt das Redaktionsgeheimnis und was nützt der Quellenschutz, wenn die Kollegen sofort loslaufen und die Quelle jagen? Macht sich mitschuldig, wer die Auftraggeber schützt, und lässt sich die Presse instrumentalisieren, wenn sie die Strategie dahinter selbst nicht durchschaut?
Einige dieser Fragen haben wir in der aktuellen Covergeschichte mit Rechtsanwältin Maria Windhager diskutiert; zuletzt verteidigte sie in einem aufsehenerregenden Prozess die ehemalige Grünen-Abgeordnete Sigrid Maurer gegen die Anschuldigungen eines Wiener Lokalbetreibers. Das Urteil gegen Maurer wurde aufgehoben, der Prozess muss erneut verhandelt werden. „Ihre Spezialgebiete liegen dort, wo Kommunikation entgleist”, beschreibt der PRVA die Medienanwältin. Lesen Sie mehr auf Seite 4 der vorliegenden Ausgabe.