Vom Werbespot bis zum Diversity Check
© Vangardist Agency/Marcel Bernard
CEO Julian Wiehl und Creative Director Julian Behrenbeck.
MARKETING & MEDIA Redaktion 29.10.2021

Vom Werbespot bis zum Diversity Check

Mitten in der Pandemie wurde die Vangardist Agency ­gegründet. Vielseitigkeit ist ihr USP. Wie es läuft? Das erzählt CEO Julian Wiehl.

••• Von Georg Sander

WIEN. Zehn Jahre Publishing führten dazu, dass es für Julian Wiehl, gemeinsam mit dem Creative Director Julian Behrenbeck, an der Zeit war, Vangardist Agency zu gründen, mitten in der vielzitierten Krise. Ein logischer Schritt, der überraschend einfach umzusetzen war. Das Rüstzeug war durch das letzte Jahrzehnt gegeben. „In zehn Jahren Publishing haben wir eine vielseitige Expertise aufgebaut, von CI-Entwicklung bis Multimedia Content Creation”, erzählt Julian Wiehl, CEO der Vangardist Agency, im Gespräch mit medianet. Von Werbespots, Trophäen aus dem 3D-Drucker bis hin zur Logoentwicklung mithilfe von Künstlicher Intelligenz – die Vielseitigkeit der Agentur ergab sich aus den unterschiedlichsten Aufträgen. Daraus entwickelte sich dann auch der aktuelle Claim: Creative Direction on Demand. De facto ist Vangardist Agency also noch mehr als Full Service. Aber wo kamen die Kunden her, zu wie vielen Pitches ging es?

„Wir haben eigentlich keine Akquise gemacht, das kam organisch, ein Traum auf der einen Seite. Auf der anderen Seite kamen so auch spannende Themen auf uns zu, die wir so noch nicht gemacht hatten.” Das wäre sogar gut gewesen für das Know-how innerhalb der Agency, da vieles akribisch erarbeitet werden musste: „Klar, hat man dann schnell einen großen Bauchladen, wenn man sich nicht spitz positioniert. Das ist nicht einfach in Zeiten wie diesen. Aber die Kunden schätzen es sehr, dass sie mit uns einen Ansprechpartner für alles haben. Unser Job ist es, das Vorhaben des Kunden durch Kommunikationsdesign zu emotionalisieren.” Auch wenn es Vangardist zuvor noch nie gemacht hat. Aber der Sinn beim Storytelling ist es, so Wiehl, eine Information in ein Gefühl umzuwandeln.

Glückliche Fügung

„Der Benefit unseres Ansatzes ist, dass das, was am Ende dabei herauskommt, ganz neu ist”, führt er aus, auch wenn da und dort glückliche Fügungen des Schicksals hinzukommen. Denn so kam man beispielsweise auch dazu, gemeinsam mit der Agentur Formlos für die Applied Artificial Intelligence Conference eine CI auf Basis von Künstlicher Intelligenz zu entwerfen. Die Geschichte passt wie die Faust aufs Auge zur Agency. Wiehl tauschte sich privat mit dem Gründer der Agentur aus, der ihm von seinem persönlichen Interesse an Artificial Intelligence (AI) erzählte, zwei Wochen nach dem Gespräch kam der Auftrag der Conference. „Sie wollten von uns eine CI, da war es für uns aufgelegt, dass wir das exakt mit AI machen”, beschreibt Wiehl den Wink des Schicksals – eine AI-CI für eine Applied Artificial Intelligence Conference, eine „super Story”.

Doch wie funktioniert AI in der Kreativbranche? Diese basiert auf GAN-Netzwerken (Generative Adversarial Networks), die bereits auf gewisse Themen trainiert sind. Der Mensch, der die AI „füttert”, fungiert als Kurator, der weiß, was er eingeben muss. „Die AI wird mit Parametern befüllt, diese werden ausgearbeitet, in einem weiteren Schritt kann das verfeinert und präziser gemacht werden, dann arbeitet wieder die AI”, so Wiehl. „Die AI versteht in dem Sinne nicht, sie macht das, was man ihr sagt. Hat man ein Objekt und möchte runde Kanten, dann macht sie das. Hat man ein Katzenfell, kann man von ihr ein Tigerfell verlangen.” Und: Die Informationen, die die AI adaptiert, können so präzise werden, dass diese von einem Designer händisch kaum umsetzbar wären. Ein sich bewegendes Tierfell zu zeichnen oder zu animieren, ist sehr aufwendig und kostspielig.

Der Benefit der AI

Die AI könne eben komplexere Dinge erzeugen, die der Mensch nicht machen kann. Auch der Output zeigt deutlich, das Produkte herauskommen, die für das Auge kaum erfassbar sind. Für die „MIT Conference Europe” wurde beispielsweise eine 3D-Animation umgesetzt, welche die Menschen davor minutenlang in ihren Bann zog, kurz: den Zweck guter Werbung erfüllte. Allerdings heißt das nun alles nicht, dass die Grafiker aus den Agenturräumen verschwinden. „Ich sehe AI eher wie einen neuen Werkstoff, wie zuerst Holz, dann Kunststoff und so weiter”, erklärt Julian Wiehl; „man muss sehr viel Wissen haben, um die AI richtig zu verwenden. Ich kann es selber auch nicht, dafür haben wir Experten.” Sprich: Niemand muss sich Sorgen machen, dass eine Künstliche Intelligenz die gesamten Arbeitsschritte ersetzt: „Man drückt nicht auf den Knopf und sagt: Erstelle ein Logo.” Die Vangardist Agency reagiert also auf die neue Welt, aber nicht nur hinsichtlich AI. Doch die Erweiterung des Könnens geht auch in anderen Bereichen weiter.

Queer und Diversity Check

Es ist hinlänglich bekannt, dass sich das Vangardist Magazine mit dem progressiven Mann beschäftigte. Im Lockdown wurde auch das Zielgruppenkonzept erweitert: „Der Begriff ‚Gay' ist inzwischen zu eindimensional. Die jungen Menschen identifizieren sich heute als non-binary oder genderfluid. Die gefühlte Identität wird relevanter als das biologische Geschlecht. Wir haben uns vom progressiven Männer-Magazin hin zum progressiven Queer-Magazin entwickelt. Unsere Zielgruppe ist zur Mindset Community geworden. Damit werden wir auch zum Sprachrohr für liberale Menschen aus der People of Colour- und Feminismus-Bewegung. Sprich ein Magazin für eine liberale Gesellschaft.”

Was alle eint? Die Hoffnung, dass es eines Tages besser werde. Darum geht es auch bei einem weiteren Angebot, das die Agency hat, denn „wir kennen die Zielgruppen”. Deshalb wurde ein sogenannter Diversity Check entwickelt. Wer eine Kampagne machen will und sich sicher sein will, dass er sie hinsichtlich LGBTQIA+ Sensibilität auch richtig macht, dem wird dieser Check angeboten. Vangardist arbeitet in diesem Themenfeld mit dem Team der Uhlala Group aus Berlin zusammen: „Sie arbeiten schon lange mit dem Thema, haben Kunden wie Netflix beraten oder ein Arbeitgebersiegel für LGBTQIA+-Rechte entwickelt. Seit zwei Jahren bewerten sie auch alle DAX-Konzerne nach deren LGBTQIA+ Standards.”

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