Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
FIKTION. Die Wahl ist geschlagen – und wir sind so klug als wie zuvor. Vor Weihnachten sei mit keiner Einigung zu rechnen, prognostizieren die Kommentatoren. Was letztendlich unterm Baum liegt, wird, so oder anders, eine relativ große Gruppe der Wählerinnen und Wähler grob irritieren. Gut, dass wir keine anderen Sorgen haben, als uns über passende Koalitionskonstellationen den Kopf zu zerbrechen, während uns Klimawandel, Nahostkonflikt und Rezession um die Ohren fliegen. Allerdings könnte die Präsidentschaftswahl in den USA mehr Einfluss auf die weitere Entwicklung der Europäischen Union haben als die Regierungsbildung im Staate Österreich. Sie können sich also, liebe Leser, einstweilen auch zurücklehnen.
Themenwechsel: Allerorten wird die mangelnde wirtschaftliche Prosperität bejammert. In diesem Sinne ein kleiner Ausflug in die Ökonomie: Was ist Geld? Ein Äquivalenzkonstrukt des Naturaltauschhandels? Faktisch betrachtet, sind ein paar Prozent der Geldmenge tatsächlich per Münzen und Scheinen im Umlauf. Der Rest existiert nur bedingt.
Die Zentralbanken beaufsichtigen die Geldschöpfung, die Wirtschaft sorgt per Kreditaufnahme für die Nachfrage – und die Kreditinstitute zaubern als Zwischenhändler das Geld quasi aus dem Nichts, indem sie, verkürzt dargestellt, diese Summen schlicht auf dem Konto des Kreditnehmers gutschreiben. Auf diese Weise entsteht mit jedem Kredit neues Geld. Die Unternehmen verwandeln Kredit in Investition, Wachstum und Arbeitsplätze. Solange kontinuierlich mit Zins zurückgezahlt und frisch ausgeliehen wird, läuft das Werkl, die Wirtschaft wächst. Wenn, so wie jetzt, seitens der Konsumenten gespart wird und die Wirtschaft gleichzeitig Emissionen zurückfahren soll, sind gute Ideen gefragt.
Dass dem der Umwelt und den zugehörigen Regularien zumutbare Ankurbeln der Wirtschaft in den Vorwahldiskussionen so gut wie kein Platz eingeräumt wurde – so, als wäre Geld tatsächlich „nichts”–, macht nachdenklich.