WIEN. Die Carsharing-Anbieter haben es seit langer Zeit gebetsmühlenartig vorgepredigt, nun wurde es auch von offizieller Stelle bestätigt: Die kurzfristige Miete von Fahrzeugen ist ein Erfolgsmodell – zumindest in Wien, wo laut einer in dieser Woche präsentierten Studie mittlerweile 7.000 Carsharing-Fahrten täglich absolviert werden und rund 100.000 Menschen zumindest dann und wann Autos teilen. Zum Vergleich: 2010 lag die Zahl der Nutzer bei gerade einmal 10.000.
Für Wiens Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou unterstreicht die Verzehnfachung der Nutzerzahlen in sechs Jahren „die hohe Akzeptanz“ des Konzepts. Die Studie zeige zudem deutlich die positive Wirkung von Carsharing auf die städtische Mobilität. Demnach ersetzt in Wien ein Carsharing-Fahrzeug durchschnittlich fünf private Fahrzeuge, was mehr Parkraum zur Folge habe und den Parksuchverkehr reduziere. Durch die mehre tausend ersetzten Privatfahrzeuge würden darüber hinaus bereits mehr als 44 Mio. private Kilometer pro Jahr durch Carsharing eingespart – das entspricht rund 7.000 Tonnen CO2.
Die Studie belegt zudem, dass Carsharing nicht in Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) steht, sondern als weiteres, ergänzendes Mobilitätsangebot genutzt wird. 72 Prozent der DriveNow Kunden in Wien besitzen eine Zeit-, Vorteils- oder Ermäßigungskarte für den ÖPNV, 85 Prozent davon eine Jahreskarte. Jede von öffentlichen Verkehrsmitteln auf stationsloses Carsharing verlagerte Fahrt wird hinterfragt und in den häufigsten Fällen dann getätigt, wenn damit das Ziel am besten und schnellsten erreichbar ist, Routen mit Öffis einen großen Umweg darstellen oder die Taktung der Öffis zu lange ist. Das zeigt, dass mit Carsharing Lücken in Verfügbarkeit und Infrastruktur des öffentlichen Netzes abgedeckt werden.
Hauptverantwortlich für den Carsharing-Boom sind die beiden „Free-Floating“-Anbieter Car2Go und DriveNow, die in Wien mittlerweile eine Flotte von rund 1.300 Fahrzeugen betreiben und damit Zipcar (setzt auf fixe Anmietstationen) deutlich abgehängt und die DB-Tochter Flinkster vom Markt gedrängt haben. Anders als oft vermutet, müssen Kaufen und Mieten laut der Studie kein Widerspruch sein: Auch Carsharer sind mitunter Car-Eigner. Auffällig ist dabei: Von jenen, die eher die stationäre Variante für sich nutzen, verfügen nur 20 Prozent über ein eigenes Auto. Jene, die Free-Floating bevorzugen, sind zu 60 Prozent auch Autobesitzer.
Die Stadt unterstütze Carsharing aufgrund der vermuteten positiven Effekte laut Vassilakou bereits seit längerer Zeit, die Vorzüge des Konzeptes lägen auf der Hand: „Ich brauche ja auch keine Kuh zukaufen, wenn ich ein Glas Milch trinken möchte.“ Um die positive Entwicklung von Carsharing in Wien weiter zu unterstützen, kündigte Vassilakou ein Ende der Strafzettel bei Überschreiten der Höchstparkdauer in Kurzparkzonen an. Auch die Nutzer dürfen sich freuen, so will Car2Go in den kommenden Monaten seinen Fuhrpark in Wien erweitern, wie Geschäftsführer Alexander Hovorka verkündete. Zu den Smart-Zweisitzern werden sich größere Autos gesellen - voraussichtlich kompakte Mercedes-Modelle.
Auch bei DriveNow denkt man laut Österreich-Geschäftsführer Robert Kahr an eine Flotten-Aufstockung, insbesondere bei den Elektrofahrzeugen. „Als einziger Carsharer haben wir auch Elektrofahrzeuge in der Flotte und genau in diesen Fahrzeugen sehen wir auch die logische Fortführung des nachhaltigen Carsharing-Gedankens. Je nach Ausbau der nutzbaren Ladeinfrastruktur in den Städten wollen wir die Elektroflotte daher weiter vergrößern“, so Kahr. „Auch in Wien ist das – abhängig vom weiteren Ausbau der Infrastruktur – unser Ziel. Wir müssen es gemeinsam schaffen, dass unsere Kunden an ihrem Fahrziel mit hoher Wahrscheinlichkeit eine verfügbare Ladesäule vorfinden und das Laden übernehmen können.“