••• Von Sabine Bretschneider
WIEN. Das Jahr 2015 neigt sich dem Ende zu. medianet hat zum Jahreswechsel Österreichs Wirtschaftsentscheider zum Geschäftsklima in den heimischen Unternehmen befragt – und die Ergebnisse belegen, dass die verbesserten Konjunkturprognosen der Wirtschaftsforscher sich bereits auf die Stimmung auswirken. Langfristig ist jedoch noch kein stabiles Hoch in Sicht. Fazit: Die aktuelle Lage des eigenen Unternehmens wird überraschend positiv eingeschätzt, vorsichtiger lautet die Zukunftsprognose, noch kritischer betrachtet man die eigene Branche. Dazu kommt: Der Forderungskatalog der Wirtschaft in ihrem Brief ans Christkind ist lang.
Konjunkturdaten in Kürze
Die aktuellsten Daten zur heimischen Konjunktur: Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hatte sich zuletzt in ihrer Prognose für kommendes Jahr auf immerhin 1,9% Wirtschaftswachstum festgelegt – das ist Deutschland-Niveau. Am Mittwoch bestätigten die Ökonomen der Bank Austria ihre Einschätzung von 1,5% BIP-Plus für 2016 (Wifo/IHS: 1,6%). Steuerreform, öffentliche Ausgaben für Flüchtlinge und unterstützendes globales Umfeld kurbeln die Konjunktur an. Zur Stimmung in der Unternehmerschaft: Das Konjunkturbarometer der Wirtschaftskammer Wien etwa zeigte zuletzt eine durchwachsene Stimmung an: 11% erwarten ein besseres, 66% ein konstantes Wirtschaftsklima. Von „Konjunkturpessimismus” und „getrübter Stimmung” berichtet das Ende November publizierte Creditreform-Klimabarometer.
Jetzt liegen auch die Ergebnisse der aktuellen Umfrage vor, die medianet gemeinsam mit den Digital-Marktforschern von Marketagent.com im Zeitraum 26. November bis 9. Dezember 2015 durchgeführt hat („Geschäftsklima in heimischen Unternehmen” – Bewertungen von Entscheidern zur aktuellen wie zur zukünftig erwarteten Geschäfts- und Konjunkturlage des eigenen Unternehmens, der jeweiligen Branche und der Gesamtwirtschaft). Sie ergeben folgendes Bild: Immerhin 62% der Befragten bezeichnen die gegenwärtige wirtschaftliche Situation ihres Unternehmen als „sehr gut” oder „eher gut”; für die Branche, in der man tätig ist, gilt das mit dem Vergleichswert 33% („sehr gut/eher gut”) übrigens nicht.
In der Vorausschau bis 2020 erwarten sich 75% der Befragten eine bessere oder zumindest gleichbleibende ökonomische Lage (Branche: 62%). Gute Nachrichten für den Arbeitsmarkt: 25% der Befragten geben an, dass im nächsten halben Jahr eine Aufstockung bei den Mitarbeitern geplant ist (nur 20% sind es in Tirol und Vorarlberg). Lediglich 12% (Durchschnitt) wollen hingegen in neue Standorte investieren.
Klagen und Forderungen
Korrespondierend zu den Einstellungsabsichten klagen 38% der Befragten über Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden. Den meisten Grund zur Beschwerde hatten in der medianet-Umfrage die Angehörigen der Touristikbranche: 84% etwa fühlen sich durch hohe Steuern und Lohnnebenkosten besonders belastet.
Die Alarmglocken sollten bei der Bundesregierung schrillen: Die Frage nach der Zufriedenheit mit der heimischen Wirtschaftspolitik beantworteten 80% mit „eher” oder „sehr unzufrieden”. Die wichtigsten Forderungen: weniger Steuern, weniger Bürokratie, weniger Regulierung. Der erleichterte Zugang zu Risikokapital spielt nur für 13% eine Rolle – Ausreißer ist bei dieser Forderung der Finanz-/Banken-/Versicherungsbereich mit 26%.
Das heiße Thema „Integration von Flüchtlingen” polarisiert: 35% rechnen innerhalb der nächsten fünf Jahre mit positiven Auswirkungen auf die Wirtschaft, 37% mit negativen (unentschieden: 28%). Gleichmütiger ist man diesbezüglich in der Bewertung der Folgen für die eigene Branche: 56% sagen hier ‚weder noch'.
Alles im digitalen Bereich?
Auch die Antworten zum Trendthema „Digitalisierung” ergaben interessante Erkenntnisse: Für die Mehrheit der Befragten ist das Digitalisierung im eigenen Unternehmen schon „weit fortgeschritten”, 85% (für die eigene Branche: 78%) platzieren sich in der oberen Hälfte der zehnteiligen Skala, kein Thema ist es nur für 2% (vollständig abgeschlossen: 8%). Nach Bundesländern gereiht, zeigen sich OÖ/Salzburg mit 5,9 als am wenigsten „digitalisiert”.
74% nutzen im eigenen Unternehmen schon digitalisierte Angebots- oder Auftragsprozesse bzw. Vertriebskanäle. Je größer das Unternehmen, desto höher der Digitalisierungsgrad. In Führung: der Finanz-/Banken-/Versicherungssektor.