••• Von Daniela Prugger
WIEN. Noch vor wenigen Wochen herrschte in der Pfeiffer Handelsgruppe Zuversicht, was das Stiefkind Zielpunkt betrifft. Nach außen hin teilte die Geschäftsführung etwa über das WirtschaftsBlatt mit: „Wir glauben an Zielpunkt.” Von Optimismus und Kampfgeist ist seit Mittwoch keine Spur mehr. „In Summe haben wir das Ziel knallhart verfehlt, das ist die knallharte Analyse des Ganzen”, gesteht Zielpunkt-Eigentümer Georg Pfeiffer im Interview mit medianet ein. „Es war einfach zu wenig.”
Fast 3.000 Filial- und Logistik-Mitarbeiter sind betroffen – damit muss Georg Pfeiffer nun leben. Die aktuelle Situation gehe an seine Substanz. Denn auch vonseiten der Gewerkschaft der Privatangestellten, Druck, Journalismus, Papier hagelt es Kritik: Die Belegschaft von Zielpunkt und der Betriebsrat wurden vor vollendete Tatsachen gestellt, kritisiert die Gewerkschaft – dort ist man über das Vorgehen der Geschäftsführung „entsetzt”. Über die Insolvenz wurden sie nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit informiert. Vonseiten der Verantwortlichen habe es keinerlei Bemühungen gegeben, eine sozialpartnerschaftliche Lösung zu finden. „Man hat in so einer Situation keine andere Möglichkeit, als rasch zu agieren. In unserer Situation hat man leider nicht mehr viel Zeit zu überlegen, was einem recht wäre”, entgegnet Pfeiffer der Gewerkschaft. Er zumindest könne guten Gewissens sagen, nichts unversucht gelassen zu haben. Aber man könne eine Insolvenz schließlich weder mit über 2.000 Mitarbeitern noch mit der Gewerkschaft diskutieren. Die Gewerkschaft selber hätte seiner Meinung nach wissen müssen, dass es dem Unternehmen Zielpunkt wirtschaftlich überhaupt nicht gut geht und er ergänzt: „Das sollte eigentlich jeder wissen in Österreich.”
Von Anfang an keine Chance
Nach der Komplettübernahme von Zielpunkt im Februar 2014 wollte die Pfeiffer-Gruppe, die schon zuvor 24,9% am Unternehmen gehalten hatte, mit ihren Lebensmittelketten Zielpunkt und Unimarkt bis 2020 auf 400 Standorte in Österreich kommen. Zielpunkt, so das Ziel, sollte sein Image als Diskonter abstreifen. Man investierte in die Sanierung vieler Filialen, startete sogar eine Online-Initiative. „Nach dem Motto ‚hinterher ist man immer klüger' muss man sich rückblickend wohl leider eingestehen, dass die Situation von Zielpunkt bereits 2012 bei unserem Einstieg schon aussichtslos war und also eine Chance – an die wir aber geglaubt haben – von Anfang an nicht gegeben war”, kommentiert Pfeiffer. Ein Ende der Verluste bei Zielpunkt sei schlichtweg nicht in Sicht – auch nicht bis 2020. 60 Mio. € müsste die Pfeiffer Handelsgruppe aufbringen, um Zielpunkt zu retten – „diese Mittel sind weder darstellbar noch leistbar. Aber ab dem Moment, wo dieses Licht am Ende des Tunnels nicht mehr da ist, dürfen wir da kein Geld mehr hineinschießen. ” Für die Filialen selber wird keine Ware mehr nachbestellt. Dass die Zielpunktmärkte leergekauft werden, wird relativ rasch gehen, schätzt Pfeiffer. In den kommenden Tagen werden Abverkaufsaktionen gestartet.
„Markant bekennt sich zu uns”
Der erst kürzlich unterzeichnete Verkauf der C+C Pfeiffer GmbH an Transgourmet (Coop) werde planmäßig mit Jänner 2016 umgesetzt. Die Schweizer Handelsgruppe Coop hat seit Anfang November einen Fuß bei der Zielpunkt-Mutter in der Tür. Dass Coop auch Zielpunkt-Standorte übernehmen könnte, ist ausgeschlossen, so Pfeiffer: „Die Coop hat in ihren Statuten verankert, dass sie im Einzelhandel nicht ins Ausland geht, sondern in der Schweiz bleibt.” Die Coop unterstütze die Handelsgruppe in dieser Situation, so gut sie könne. Generell merke man einen starken Rückhalt, auch in der Handelskooperation Markant. „Die Markant bekennt sich zu einer weiteren Zusammenarbeit.” Doch was für Pfeiffer momentan am meisten zähle, seien die Menschen. „Ich hoffe, dass möglichst viele von ihnen bald wieder einen Arbeitsplatz bekommen. Dazu beitragen können wir nicht, aber der Insolvenzverwalter weiß, was er zu tun hat.” Nun muss der Insolvenzentgeltfonds für die ausstehenden Löhne der Mitarbeiter einspringen. Ob sich die Abwicklung noch im Dezember ausgehe, so Geschäftsführer Wolfgang Pfabigan, sei aber offen: „Es wird knapp.” Im ersten Schritt werden die offenen Gehälter nachgezahlt. Es geht bei Zielpunkt also zunächst um die laut Unternehmen ausstehenden November-Gehälter und die Weihnachtsremuneration für die Mitarbeiter; dann folge die Auszahlung eventueller weiterer Gehälter und von Abfertigungsansprüchen.
BWB erwartet Preisanstiege
„Wir haben eine Verantwortung unseren gesunden Unternehmen gegenüber – Nah und Frisch und Unimarkt.” Beide Unternehmen, so Pfeiffer, könnten eventuell Standorte übernehmen. „Mit einem Ende von Zielpunkt ist auch eine mögliche Gefährdung der gesunden Geschäftsbereiche ausgeschlossen, die ansonsten natürlich irgendwann passiert wäre”, erklärt Pfeiffer. Aber auch andere Händler und Diskonter könnten die Zielpunkt-Pleite nun für sich nutzen. Neben den Großen, Rewe und Spar, interessieren sich auch Hofer, Lidl und dm für einzelne Zielpunkt-Filialen. „Wir sind an neuen Standorten, die unsere Kriterien im Hinblick auf Erreichbarkeit, Lage, Größe, etc. erfüllen, grundsätzlich immer interessiert”, hieß es von Hofer. Auch bei Lidl wolle man die Expansion fortführen – mit Fokus auf Wien. Doch was kommt auf die Konsumenten zu? „Nun”, erläutert der Pressesprecher der Bundeswettbewerbsbehörde, „ein großer Player im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel fällt weg, Preisanstiege sind deshalb zu befürchten. Wir werden uns das in den nächsten Wochen genau ansehen.” Man habe die Möglichkeit, die Preisentwicklung mittels Wettbewerbsmonitoring im Auge zu behalten. Rewe mit Billa, Merkur, Penny und Adeg sowie Spar und Hofer halten hierzulande einen Marktanteil von rund 85%. Damit ist die Konzentration im heimischen Lebensmittel-Einzelhandel im internationalen Vergleich sehr hoch.
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