Hermann Simon Firmen, bei denen sich der CEO selbst ums Pricing kümmert, schneiden in Sachen Durchsetzung von Preiserhöhungen und Gewinn signifikant besser ab – und: Preise aktivieren das Schmerzzentrum des Gehirns …
Frankfurt/Wien. Fragt jemand nach der Bedeutung des Begriffs „Preisheiten”, so antworte ich in Reimform: Des Preises tief’re Weisheiten nenn schmunzelnd ich hier ‚Preisheiten’. ‚Der Preis ist heiß’, so tönt es immer, die Wirklichkeit ist noch viel schlimmer. Der Preise Spiel muss man durchschauen, sonst wird man übers Ohr gehauen.
Ja, das Spiel der Preise wird zunehmend komplex. Manager wie Verbraucher müssen ständig hinzu lernen und auf der Hut sein. So kommt es nicht überraschend, dass die erste Auflage von „Preisheiten” bereits nach gut einem Jahr vergriffen ist und eine zweite Auflage notwendig wird.
„Preismacht” als Treiber
Das Interesse an Fragen des Preismanagements nimmt zu. Verschärfter Wettbewerb, Internet und Globalisierung verändern die Welt der Preise gewaltig. Dazu ein paar Fakten: Der Prozentsatz der Unternehmen, die sich in einem Preiskrieg befinden, ist innerhalb von zwei Jahren von 46 auf 59% gestiegen. Mit aggressiven Preisen angreifende Wettbewerber gewinnen weiter an Marktanteilen. Beispiele sind Ryanair im Luftverkehr oder Whats App in der digitalen Kommunikation. Neue Preismodelle wie Freemium oder Flatrate verdrängen Konzepte, die noch vor wenigen Jahren als bahnbrechende Innovationen galten. Spotify weist mit einer festen monatlichen Gebühr iTunes von Apple in die Schranken. Microsoft bietet Windows 10 gratis an, um die Entwicklung von Apps zu befördern.
Dazu kommt: Völlig neue Geschäftsmodelle dringen vor. Air-bnb und Uber etwa können attraktive Preise offerieren, indem sie freie Kapazitäten im privaten Bereich nutzen, und setzen so professionelle Hotel- und Taxifirmen unter Druck.
Nachdem der berühmte Investor Warren Buffett äußerte, dass Pricing Power (Preismacht) für ihn der wichtigste Treiber des Unternehmenswerts sei, beobachte ich auf den Top-Managementebenen und in Finanzkreisen ein stark zunehmendes Interesse am Thema Preis.
Offensichtlich lohnt es sich: Wie die jüngste Global Pricing Study von Simon-Kucher zeigt, schneiden Firmen, bei denen sich der CEO persönlich um das Pricing kümmert, im Hinblick auf Pricing Power, Durchsetzung von Preiserhöhungen und Gewinn signifikant besser ab, als andere Firmen. Mein Vortrag „Pricing and the CEO” lockte auf der Konferenz der Professional Pricing Society in Dallas im Mai 2015 mehr als 700 Zuhörer an; ein derart starker Zulauf wäre noch vor wenigen Jahren undenkbar gewesen.
Preise sind „schmerzhaft”
Die neue, revolutionär zu nennende Verhaltensforschung eröffnet dem Anbieter viele neue Taktiken, erklärt aber auch die Funktionsweise altbekannter Preistricks wie Cash Back. Ist Ihnen zum Beispiel bewusst, dass Preise das Schmerzzentrum des Gehirns aktivieren? Eigentlich überrascht das nicht, aber bekannt ist diese Tatsache erst seit Kurzem. Solche neuen Einsichten muss man als Manager kennen. Umgekehrt sollte der Verbraucher sich den Spiegel vorhalten und seine eigenen Reaktionen auf bestimmte Preistricks durchschauen, um nicht über den Tisch gezogen zu werden. Viele Preiswirkungen wie die Rolle von Preisankern oder die Magie der Mitte erscheinen irrational, aber vielleicht sind sie das nicht, sondern bewähren sich im Alltag zur Bewältigung der modernen Reizüberflutung.
Es reicht auch nicht, wenn sich der Chef oder der Vertriebsleiter im Pricing auskennen. Die ganze Mannschaft muss das Spiel der Preise durchschauen. Besonders wichtig ist es, dass der gesamte Vertrieb hinter der Preisstrategie des Unternehmens steht. Nur dann werden die avisierten Preise mit Erfolg am Markt durchgesetzt. Nur dann schafft ein Unternehmen Pricing Power.
Aus: „Preisheiten: Alles, was Sie über Preise wissen müssen”. Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors Hermann Simon, Chairman von Simon, Kucher & Partners, dem Weltmarktführer in der Preisberatung, und des Campus Verlags.