Von Christian Novacek
Die Österreicher kaufen mehr Lebensmittel ein. Das tun sie erstmals seit vielen Jahren. Das Feine daran: Sie sind offenbar bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Im Frischebereich, der bis auf Brot & Gebäck von der RollAMA (der rollierenden Agrarmarktanalyse der AMA-Marketing, n=2.800) alljährlich erfasst wird, wurden 2017 Milch und Milchprodukte, Fleisch und Wurst, Eier, Obst und Gemüse sowie Fertiggerichte im Wert von 5,9 Mrd. € im Lebensmittelhandel gekauft.
Das sind um 5,1% mehr als im Jahr davor. Pro Haushalt entsprechen dem knapp 145 € im Monat. Gleichfalls stieg die eingekaufte Menge, allerdings bloß um 1,7% – was aber insofern dennoch bemerkenswert ist, als der jahrelange mengenmäßige Rückgang evident gestoppt wurde.
Positive Tendenz
„Österreich wächst”, konstatiert AMA-Chef Michael Blass. „Das Interessante an den Daten 2017 ist, dass wir alle Warenkorb-Gruppen im Plus sehen”, führt er aus. Einerseits seien die Preise gestiegen, andererseits gebe es auch mehr Haushalte, und auch die Einkaufsfrequenz und die pro Einkauf gekaufte Menge habe leicht zugelegt.
Besonders stark zugelegt haben Eier mit einer Mengensteigerung von knapp 10%. Lediglich bei den gelben Fetten ging die eingekaufte Menge zurück – allerdings wurde dieser Rückgang durch die Verteuerung von Butter klar kompensiert, was letztlich zu einer Umsatzsteigerung von knapp 17% in der Warengruppe geführt hat. Butter hat außerdem gegenüber Margarine neuerlich Marktanteile gewonnen. Als Grund dafür ortet Blass den grundlegenden Trend zum gesünderen Leben inklusive gesunder Ernährung - und wenn Butter auch nicht per se gesund sei, so doch zweifelsfrei „natürlich”.
Bei der Milch punkten seit Jahren teurere Spezialsorten wie Bio-, Heumilch oder laktosefreie Milch. Die kosten heute um 10 bis 20 ct mehr pro Liter – der Konsument ist dabei aber zahlwillig.
Gleichzeitig legt die ESL-Milch gegenüber der Frischmilch zu. „Es wird möglicherweise gar nicht mehr lange dauern, bis ESL-Milch zwei Drittel des Markts ausmachen wird”, mutmaßt Blass. „Das hat zur Folge, dass nicht nur weniger Frischmilch umgesetzt wird, diese Frischmilch wird auch teurer.” Erstmals sei Frischmilch teurer als ESL-Milch.
Schnelles Fleisch
Beim Fleisch und Geflügel gab es im vergangenen Jahr ein Mengenplus von zwei Prozent und eine Umsatzsteigerung um fünf Prozent. „Besonders Geflügel und Faschiertes haben sich gut entwickelt”, berichtet Micaela Schantl von der AMA-Marktforschung. Auffallend sei, „dass sich die Teile am besten verkaufen, die sich besonders schnell und leicht zubereiten lassen. Das heißt etwa beim Schweinefleisch das Schweinsfilet oder beim Rindfleisch das Steak.” Knapp ein Drittel des Fleischsortiments entfällt auf Geflügel, Schweinefleisch macht 20% des Umsatzes aus, auf Rindfleisch entfallen 18%.
So ganz hat sich die Bio-Qualität noch keinen schlüssigen Weg ins Steak gebahnt. Davon zeugt indirekt ein nach wie vor recht hoher Aktionsanteil von 30% bei Fleisch. Auch ist das Vertrauen in Bio beim Fleisch nicht immer mitgegessen. Dabei sei es, so Blass, mehr als gerechtfertigt, denn: „Bio ist eine der regeldichtesten Materien innerhalb der EU-Regelungen.” Ein Bio-Siegel hält mithin, was es verspricht.
Wachstumsmotor Bio
Nichtsdestotrotz: Im Blick auf das Gesamte ist Bio die Hauptattraktion der RollAMA-Erhebung. „Die Ausgaben für Bioprodukte sind seit 2012 um 50 Prozent gestiegen”, erläutert Schantl. „Auch mengenmäßig gibt es ein Plus von 24 Prozent.” Der wertmäßige Marktanteil der Bio-Lebensmittel ist seit 2003 von 3,8% auf 8,6% geklettert; dabei ist knapp die Hälfte der Haushalte für 87% des Bio-Umsatzes verantwortlich. Ist Bio also hauptsächlich ein elitärer Lifestyle-Gestus?
Dafür spricht: 43% der Haushalte sehen nur geringe oder gar keine Qualitätsunterschiede zwischen Bio-Produkten und Produkten aus traditioneller Landwirtschaft. Schantl interpretiert das positiv: „Das hängt damit zusammen, dass das Qualitätsniveau heimischer Produkte schon so hoch ist, dass man nur mehr wenig Differenzierung in der Qualität hat.”
Für die starken Bio-Nutzer hätten auch die Themen Nachhaltigkeit und Gentechnik-Freiheit eine große Bedeutung – sprich: Es ist nicht nur die Qualität, die bei Bio mitgekauft wird, sondern auch das sensitive Drumherum, bis hinein in den Stall. Der Aktionsanteil von Bio ist mit 20% vergleichsweise bescheiden.