••• Von Christian Novacek
Adeg fühlt sich wohl im Dorf: Die Kaufmannsvereinigung der Rewe in Österreich hat soeben einen Dorfleben-Report abgeliefert, erstellt von MindTake, mit 1.050 Befragten in Gemeinden bis zu 5.000 Einwohner.
Demnach geht es den Dörfern gut und zusehends besser. Besonders gut geht's am Land, wenn ebenda ein Adeg-Kaufmann seine regionalen Wurzeln eingeschlagen hat: „21 Prozent der Befragten in Adeg-Gemeinden sagen, dass ihnen ein Dorfkern fehlt”, erläutert Adeg-Vorstandsvorsitzende Alexandra Draxler-Zima. Sie verweist im Umkehrschluss darauf: „In Gemeinden ohne Adeg sagen fast um die Hälfte mehr, dass ihnen dieser Dorfkern abgeht.” Letztlich gebe es nahezu 400 Gemeinden mit gesundem Kern – zumal es auch rund 400 Adeg-Kaufleute gibt.
Stabile Größe Adeg
Exakt: „Wir arbeiten mit 400 selbstständigen Unternehmern zusammen”, sagt Draxler-Zima. Dem entsprechen dann sogar mehr als 400 Geschäfte, da es vorkommen kann, dass ein Kaufmann an mehr als einem Standort auftritt. Strukturell schaut es bei der Kaufleuteorganisation so aus, dass die Flächenentwicklung stabil ist. Kaufleuten, die abwandern, stehen alljährlich etwa drei bis fünf Zuwanderer entgegen. Inwieweit das gleichfalls im Erlös eine Weiterentwicklung darstellt, bleibt indes eines jener Rewe-Geheimnisse, über die weiterhin in der Branche gemutmaßt, aber nicht geurteilt werden kann.
Kein Nahversorgungsproblem?
Aber zurück ins Dorf, oder besser in die Gemeinde: „Drei bis fünf Prozent der österreichischen Gemeinden haben kein Lebensmittelgeschäft”, berichtet Gemeindebund-Präsident Bgm. Alfred Riedl. Damit dünkt die Nahversorgung hierzulande eher in Ordnung.
In Unordnung gerät sie tendenziell auf Dorfebene, wo viele Dörfer mit den Abwanderungsgelüsten ihrer Bewohner konfrontiert sind. Was regional übrigens sehr unterschiedlich ausgeprägt ist: Während die einen von der ländlichen Idylle angelockt werden, schlägt die anderen (z.B. in Murau) die vermeintliche Perspektivenlosigkeit in die Flucht. Prinzipiell gilt: „Die ländliche Region stirbt nicht aus!” So sieht es zumindest Univ.-Prof. Peter Filzmaier, der, abgesehen von seiner politischen Expertise, gleichsam als Experte für die Entwicklung des ländlichen Raums gilt. Er führt aus: In acht von neun Bundesländern gibt es ein Bevölkerungswachstum. Dennoch sei die Situation in Orten, aus denen abgewandert wird, problematisch: „In solchen Regionen wird sich die Zahl jener, die der 50+ Generation angehören, wahrscheinlich verdoppeln.”
Lieferservice für Ältere
Für die Senioren braucht's dann einen anderen Zugang, was das Shopping betrifft. Aus der Adeg-Perspektive macht eCommerce schon aufgrund der Heterogenität einer Kaufleuteorganisation wenig Sinn – man sucht daher andere, direktere Wege zum Kunden. „Die persönliche Beziehung zwischen Kaufmann und Kunden ist wichtig”, sagt Draxler-Zima; „selbstverständlich gehört dazu auch die Hauszustellung.”
Neben dem sozusagen analogen eCommerce punkten weitere soziale Aspekte. Deren griffigster: das Dorfcafé im Lebensmittelgeschäft. Wiederum gilt: Ein Rollout der Cafés in die Geschäfte wird nicht stattfinden, dem widerspricht die Selbstständigkeit der Kaufleute, aber wo es sich ausgeht, ist ein Kaffee-Eck nicht die schlechteste aller Alternativen. Gewiss ist, so Zima: „Das Zusammenleben in Dörfern weist viele Facetten auf, und der Kaufmann, neben der reinen Funktion der Lebensmittelnahversorgung, nimmt hier positiv Einfluss.” Der Wegfall von Kaufmann oder Kauffrau –Peter Filzmaier legt Wert auf die Transferierung des Begriffs in die Gegenwart – wäre also weit mehr als nur ein Warenverlust. Nicht zuletzt ist hier die Raumordnung gefordert, der Kauffrau die richtigen Rahmenbedingungen zu zimmern.