••• Von Georg Sohler
Österreich isst nach wie vor gerne Fleisch. Fleischproduzenten haben es aber im gegenwärtigen Umfeld von Teuerungen und Inflation nicht leicht – das zeigt ein Rundruf von medianet. Eine Entspannung erwarten die Befragten nicht wirklich. Die Politik wäre auch gefordert.
Teure Rohstoffe
„Die Rohstoffpreise sind seit Beginn 2023 um mehr als 30 Prozent gestiegen”, berichtet Thomas Schmiedbauer, Geschäftsführer von Wiesbauer. „Viele andere Kosten, die bereits im vergangenen Jahr explodiert sind, konnten weder auf ein vergangenes Niveau gesenkt werden, noch wurden diese zum betriebswirtschaftlichen Erfolg ausgeglichen.” Diese Analyse teilt auch Rudolf Frierss, Geschäftsführer von Frierss Fleisch- und Wurstspezialitäten: „Der Kostendruck ist enorm. Die Rohstoffpreise sind seit Jahresbeginn weiter gestiegen. Als energieintensive Branche stellen die hohen Energiepreise weiterhin eine große Herausforderung dar. Dass zurzeit keine Erholung in Sicht ist, verschärft die Situation.”
Differenzierter betrachtet Bio-Spezialist Ja! Natürlich die Situation. Geschäftsführerin Klaudia Atzmüller kann sich im Bio-Bereich freuen: „Trotz hoher Inflation merken wir bei Ja! Natürlich eine anhaltend wachsende Nachfrage nach unseren Produkten. Die Zahlen zeigen uns, dass wir den Bio-Rekordwert von 2022 mit über zwölf Prozent Sortimentsanteil auch in diesem ersten Halbjahr 2023 wieder erreichen konnten.” Von Herausforderungen verschont sei man aber keinesfalls – Stichwort Wetterextreme. Immerhin: Durch die Unabhängigkeit von Futtermittelimporten und den Verzicht auf Dünger hat man punkto Preis einen Vorteil.
Preissteigerungen als Muss
„Mit nur geringfügigen Preisanstiegen konnten wir Bio nicht nur leistbar, sondern auch als eine nachhaltige und zukunftsweisende Option für unsere Kunden und Kundinnen präsentieren”, berichtet sie. Ganz anders ist die Situation für Wiesbauer.
„Die umgesetzten Preiserhöhungen waren bzw. sind nicht ausreichend, um die explodierten Mehrkosten zu decken”, meint Schmiedbauer. „Die Preiserhöhungen im Handel sind zu niedrig ausgefallen und wurden auch zu spät umgesetzt. Die Situation wird in naher Zukunft voraussichtlich um nichts leichter.” Wiederum ähnlich sieht die Sachlage Frierss: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand und erwarten uns von unseren Kunden Fairness bei den erforderlichen Preisanpassungen, um die langfristige Existenz unseres Familienunternehmens auch weitere 125 Jahre zu sichern.”
Problem Inflation
Eine Entspannung ist nicht in Sicht, auch wegen zu erwartend hoher Kollektivvertragsabschlüsse. Das könnte sich zum Problemfall für Wiesbauer entwickeln: „Die Entwicklung ist besorgniserregend, und mit den anstehenden kollektiven Lohnerhöhungen in Höhe von mehr als neun Prozent wird das Jahr 2023 zum Desaster bzw. werden Verluste eingefahren.”
Bei Frierss erwartet man Ähnliches. „Die höchste Inflationsrate in Europa und die daraus resultierenden hohen kollektivvertraglichen Lohn-/Gehaltsabschlüsse stellen aktuell eine große Herausforderung dar und gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im internationalen Vergleich”, erklärt der Geschäftsführer. Ebenso herausfordernd sei der Arbeitsmarkt: „Die aktuell angedachte Arbeitszeitverkürzung würde die Situation noch verschärfen. Dabei sehen wir die Politik gefordert, den Fokus auf die Senkung der Lohnnebenkosten, die Anpassung der Überstundenbesteuerungen und Pensionsregelungen zu legen, damit es gelingt, dass die Menschen mehr arbeiten und mehr davon haben, wenn sie arbeiten.”
Er führt zudem noch einen Punkt an: den Energiekostenzuschuss. Dieser sei eine wichtige Unterstützung der Betriebe, um deren Wettbewerbsfähigkeit und damit Existenz zu sichern. Die bis dato offene Beantragungsmöglichkeit für den Energiekostenzuschuss II (aktuell kann die Unterstützung nur für Kleinst- und Kleinbetriebe beantragt werden) bedeute für die Betriebe „weiterhin warten” auf die Richtlinie: „Dies gefährdet Existenzen!”
Positive Entwicklungen
Natürlich gibt es abseits dieser Problemlagen auch positive Entwicklungen, auf unterschiedlichsten Ebenen. So weiß man bei Ja! Natürlich etwa, dass „Bioprodukte gerade in Zeiten von Wetterextremen klare Vorteile aufweisen. Unsere biologisch bewirtschafteten Böden können bei Starkregen beispielsweise mehr Wasser aufnehmen, was wiederum vor Überschwemmungen schützt. In Phasen der Trockenheit und Hitze können unsere Biopflanzen länger auf die Wasserressourcen zurückgreifen, die im Boden optimal gespeichert wurden.” Gepaart mit der Regionalität, sorgt dies für Optimismus.
Frierss wiederum ist breit aufgestellt, vertreibt seine Fleisch- und Wurstspezialitäten nicht nur im LEH, sondern auch in Großhandel, Gastronomieund eigenen Feinkostgeschäften: „Die Entwicklung in den Eigenfilialen ist erfreulich, die Konsumenten schätzen heimische Qualitätsprodukte und nehmen dafür einen etwas höheren Preis in Kauf”, so Rudolf Frierss.
Auch im Export ist es gelungen, sich mit den Spezialitäten im internationalen Wettbewerb zu behaupten, „sodass wir umsatz- und mengenmäßige Steigerungen erzielen konnten”. Allerdings mit einem Wermutstropfen: Es ist nicht gelungen, die massiven Kostensteigerungen in entsprechende Verkaufspreise umzulegen – eine mittel- und langfristig besorgniserregende Entwicklung.
Ein gemischtes Bild der Branche also. Es ist wohl, das ist herauszuhören, durchaus ein Auftrag an die Politik, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen die heimischen Fleisch- und Wurstproduzenten nachhaltig wirtschaften können.