Ein Familienunternehmen über Generationen zu führen, darauf darf man stolz sein. Ein solches befindet sich im burgenländischen Kohfidisch. In der Marktgemeinde mit ihren rund 1.500 Einwohnern ist so ein Unternehmen und das seit dem 19. Jahrhundert. Gar so lange gibt es den Nah&Frisch Trafler im mehr als doppelt so großen Piesendorf im Bezirk Zell am See nicht, aber es ist auch eine Familienangelegenheit. Nahversorgung, das ist eben weitaus mehr als nur das Weiterverkaufen von Waren …
Ewigkeiten
Mit dem denkmalgeschützten Schloss Kohfidisch kann Gebhard Baumanns Familienbetrieb in Kohfidisch nicht ganz mithalten, aber welche „Firma”, wie er seinen Nah&Frisch nennt, gibt es schon seit 1899? Der Ort im Burgenland hat ungefähr das, was man sich von einer ländlichen Gemeinde erwartet: Kirche, Wirtshaus, der Gerenthbach durchmisst den Ort, ehe er weiter nördlich in die Pinka mündet. Ein beschauliches Dorf. „Ich leite den Laden mittlerweile in vierter Generation”, erzählt Gebhard Baumann. „Wir waren vor früher bei A&O, dort war mein Vater Gründungsmitglied gewesen. Bei Nah&Frisch sind wir dabei, seit es die Dachmarke gibt.” Baumann selbst war dem Verkauf an und für sich stets verbunden. Er absolvierte die HAK-Matura, war dann im Verkauf im Soldatenheim, besorgte sich danach auch die Gasthauskonzession.
Im Jahr 2000 schließlich hat er von seinem Vater übernommen. Dabei hätte er auch noch einen Bruder, die Vorgänger-Generation hatte schon von 150 auf 300 Quadratmeter ausgebaut, aber „eigentlich lag es auf der Hand, dass ich das Geschäft übernehme”. Wenn nicht, wäre es eben der Bruder geworden. In der nächsten Generation wird es leichter, Sohn Patrick hilft ja schon von klein auf mit. Doch der Familiengedanke geht über Blutsverwandschaft hinaus.
Die liebe Familie
„Bei Nah&Frisch gibt es kein Konzerndenken”, meint er, „wir sind gewissermaßen eine große Familie, alle eigenständig, können mit regionalem Touch unser Geschäft betreiben.” Die vorgegebenen Rahmenbedingungen ermöglichen es, vielfältige Aspekte umzusetzen. Wie eine Familie eben – ein Dach, unter dem sich alle versammeln und sich dennoch frei entfalten können.
Diese Grundsätze gelten auch für die Mitarbeiter. Sigrid Reicher etwa ist seit 34 Jahren mit dabei – heutzutage eine beinahe unglaubliche Geschichte. „Die Zeit ist so schnell vergangen. Ich habe bei seinem Vater gelernt und es hat sich so ergeben, dass ich bleibe, es ist ein freundschaftliches Arbeiten”, lacht sie. Mehr Erklärung braucht es nicht: „Es hat einfach immer gepasst, ich kann gar nicht viel mehr drüber sagen. Ich wollte eigentlich nie weggehen.”
Baumann bestätigt das: „Die Mitarbeiter gehören auch zur Familie. Jeder weiß, an welchem Strang wann zu ziehen ist. Wenn wer krank ist, übernimmt sofort jemand anderer.” Denn durch unsichere Zeiten – seit 1899! – kommt man nur, wenn es auch eine besondere Stimmung und viel Empathie gibt. „Das Stammteam arbeitet so wie wir, wir haben eine gute Stimmung, gehen zwei, dreimal im Jahr essen. Ein Konzern kündigt einfach Leute. Bei einem Familienbetrieb mit Arbeitnehmern aus der Region hat man eine ganz andere Verantwortung.” Natürlich, so ein Team muss gut zusammengestellt werden, aber „es geht nur miteinander”.
Einfach geblieben
So weit ist man bei den Traflers in Piesendorf noch nicht, geht es nach der Zeit, die es das Unternehmen gibt. Aber der Reihe nach. Der gebürtige Steirer aus der Krakau war vor vielen Jahren auf Jobsuche. So verschlug es den gelernten Verkäufer vom Bezirk Murau nach dem Bundesheer nach Saalbach in Salzburg. Nach einiger Zeit im Job wollte er eigentlich den Markt ebendort übernehmen, der war nicht frei, also hat er in Piesendorf eröffnet. Zurück ging er, der 2019 in Pension ging, nicht mehr. Wer ist „schuld”? „Ich habe dann meine Frau kennengelernt.”
Seit 1985 gibt es nun den Nah&Frisch in Piesendorf, drei Töchter hätten ihn übernehmen können. Geworden ist es die Jüngste: „Alle meine Töchter wollten es machen, es ist ein schöner Beruf, weil man mit Menschen zu tun hat.” Es gab keinen Druck für die Töchter, alle konnten sich entfalten und kamen später zurück, letztlich einigte man sich eben. „Viele Unternehmer zeigen immer nur, wie viel sie arbeiten”, erklärt Günter Trafler sein Erfolgsrezept. „Aber man kann Geld verdienen und es macht Spaß. Wir haben das den Kindern auch so weitervermittelt.” Dabei ist das Umfeld nicht so einfach. Man ist im Ortskern, unweit des eigenen Geschäfts gibt es die Konkurrenz.
„Wir bieten viel Service, Feinkost, haben lokale Produzenten und wissen schon, was einer kaufen will, wenn er reinkommt”, führt er aus. Diese „Gaudi” überträgt sich auf die Mitarbeiter. Gleich drei waren oder sind mehr als zwei Jahrzehnte bei den Traflers.
Erfolgsrezepte
Es gibt eben viele Mosaikstückchen, die dazu führen, dass die Menschen allen Autos dieser Welt zum Trotz lieber zu den Baumanns, Traflers und wie sie alle heißen gehen. Gebhard Baumann erzählt, wie gut er seine Kunden kennt: „Man kennt die Einkaufsgewohnheiten. Wir wissen manchmal bei Hausbestellungen, dass sie etwas vergessen haben.”
Die Stimmung ist jedenfalls sehr gut. Eine Mitarbeiterin, erinnert er sich, hat bei ihm die Lehre absolviert: „Sie ist dann nach Zell gegangen zum Arbeiten, kam aber nach wenigen Monaten wieder.” Das sind sie eben, die Mosaiksteine.
An die Zukunft denken
Beide Kaufmannsfamilien haben die Zukunft im Blick, nicht nur in Bezug auf das eigene Unternehmen und die eigenen Kinder. Baumanns etwa haben eine Photovoltaikanlage und schon seit einem Jahrzehnt eine Abwärmeanlage. Hohe Investitionen, heutzutage – und in Zukunft – spart das aber Geld und schont obendrein die Umwelt.
Natürlich ist nicht immer alles eitel Wonne, die wirtschaftliche Großwetterlage, die vielen Krisen auf der Welt – aber wenn eine Familie zusammenhält, geht alles viel leichter von der Hand …