••• Von Martin Rümmele
Die Kärntner Gemeinde Finkenstein am Faaker See hat rund 9.300 Einwohner – und seit einem knappen Jahr zwei Community Nurses. Die Gemeinde gehört damit zu den Pionieren eines Pilotprojekts. In ganz Kärnten gibt es noch zwölf weitere „Gemeindeschwestern”, bundesweit mehr als 230 in knapp 2.400 Gemeinden und Städten. „Mit der Etablierung von wohnortnahen, aufsuchenden Unterstützungsangeboten in Pflege und Betreuung wird ein wichtiger Punkt im Regierungsübereinkommen umgesetzt. Dabei handelt es sich letztlich um eine essenzielle Weichenstellung für unser System der Pflegevorsorge”, erklärte Sozial- und Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) vor einem Jahr.
Versorgungslücke geschlossen
Zwölf Monate später zieht der Bürgermeister von Finkenstein, Christian Poglitsch (ÖVP), eine positive Bilanz: „Wir bekommen nur positive Rückmeldungen. Die Aktivitäten der beiden Community Nurses stoßen im kommunalen Bereich auf breites Interesse ”, sagt er im medianet-Gespräch. „Man sieht erst jetzt, wie dringend notwendig das war, weil man vieles gar nicht gesehen hat.” Das Thema Pflege ist keine kommunale Aufgabe, sondern fällt in den Bereich von Bund und Land. Gesundheit passiere aber in der Gemeinde, sagt Poglitsch. Das Ziel müsse sein, dass die Menschen auch so lange wie es geht in der Gemeinde bleiben können. „Ich habe noch niemanden getroffen, der nicht in der Gemeinde und zu Hause alt werden will. Es gibt aber vor allem nur die Varianten Pflegeheim oder nur Betreuung zu Hause. Das Ziel ist, Menschen zu informieren, welche Angebote, aber auch welche Förderungen und Unterstützungen es gibt”, erklärt er das Prinzip der Community Nurses.
In Finkenstein sind das die diplomierten Gesundheits- und Krankenpflegerinnen Renate Pirker und Katharina Dobernig. Für sie war die neue Aufgabe auch eine Chance der beruflichen Veränderung und Aufwertung ihrer Arbeit. „Für uns ist es extrem spannend, weil wir auch wieder mehr Zeit haben für die Menschen und meist mit dem Familienverbund einer Person konfrontiert sind. Es ist ein Paradigmenwechsel zu dem, was wir vorher gemacht haben”, schildert Pirker. Kollegin Dobernig ergänzt: „Unser Fokus liegt voll und ganz im Titel unseres Projektes – nämlich, ‚selbstbestimmt leben und selbstbestimmt bleiben'. Wir sind Ansprechpersonen für alle gesundheitlichen und pflegerischen Fragen der Gemeindebürger – vor allem aber der älteren Menschen. Wir sind eine neutrale Stelle und vermitteln zwischen Berufsgruppen und Hilfsangeboten; die Entscheidung treffen die Menschen selbst.” Nicht nur die Betroffenen und deren Angehörigen selbst erkennen den Mehrwert der Community Nurses. „In der Zwischenzeit werden wir auch von anderen Gesundheitsbereichen wie Arztpraxen weiter empfohlen und Kontakte an uns weitergeleitet.”
Vernetzung mit Ärzten
Ein enges Zusammenarbeiten gibt es auch mit dem Sozialamt der Marktgemeinde, da das Gemeindeamt in sehr vielen Fällen die erste Anlaufstelle von Betroffenen ist. „Mittlerweile rufen uns Ärzte an, schicken uns weiter. Auch Apotheken, Physiotherapeuten und andere Stakeholder in der Gemeinde vermitteln Menschen zu uns”, sagt Pirker. „Das geht bis hin zum regionalen Nahversorger, weil manchmal die Frage auftaucht, wie jemand mit Pflegebedarf – auch kurzfristig nach einem Unfall – zu Lebensmitteln kommt und wer beliefern kann”, schildert Dobernig. Das Service ist kostenlos. Oft tauchen bei Betroffenen auch Probleme auf, die zuerst gar nicht bewusst sind. Es geht darum, Lebensqualität zu erhalten und zu fördern.
Pirker und Dobernig arbeiten auch mit Casemanagern des LKH Villach zusammen. Das Ziel dabei ist, Drehtür-Effekte zu verhindern. „Das wird gut vom Entlassungsmanagement im Spital angenommen. Wir holen auch teilweise Menschen aus dem Pflegeheim wieder retour zurück nach Hause”, betont Pirker.