Falsche Vorurteile
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Wiener Forschende untersuchten, welche Nationalitäten in Österreich am häufigsten ein Krankenhaus aufsuchen.
HEALTH ECONOMY Redaktion 29.08.2025

Falsche Vorurteile

Eine Wiener Studie zeigt: Migranten gehen seltener ins Krankenhaus als autochthone Österreicher.

WIEN. Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft machen rund 20% der Bevölkerung aus, stellen jedoch nur 9,4% der Krankenhauspatienten und verursachen 9,8% der Spitalsnächte. Das zeigt eine Studie des Complexity Science Hub Vienna und der MedUni Wien, die 13 Mio. Krankenhausaufenthalte von vier Millionen Personen zwischen 2015 und 2019 analysierte. Migrantinnen und Migranten sind demnach seltener im Spital – mit einer Ausnahme: Deutsche weisen die höchste Hospitalisierungsrate auf. Bei Männern liegen Österreicher vor Slowaken und Italienern, am seltensten sind Nordmazedonier, Kroaten und Serben im Spital. Bei Frauen führen Deutsche, gefolgt von Syrerinnen und Österreicherinnen, während Russinnen, Nordmazedonierinnen und Serbinnen die geringsten Raten aufweisen.

Die Wiederaufnahmerate, also wie oft Personen erneut ins Spital müssen, ist bei Menschen ohne österreichische Staatsbürgerschaft dagegen höher. Studienautorin Elma Dervic deutet dies als Hinweis auf späte Spitalseinweisungen, möglicherweise aufgrund fortgeschrittener Erkrankungen. Am höchsten ist die Wiederaufnahmequote bei Syrern, Russen und Afghanen. Bei Frauen liegen Afghaninnen, Serbinnen und Deutsche vorne, während Nordmazedonierinnen die niedrigste Rate aufweisen.

„Healthy-Migrant“-Effekt
Die Forscher untersuchten zwei Erklärungen: den „Healthy-Migrant“-Effekt – Migranten sind bei Ankunft jünger und gesünder – sowie Zugangshürden wie Sprachprobleme. Beide Theorien finden in der Studie Hinweise, erklären aber nicht alle Unterschiede. Personen aus Ungarn, Rumänien und türkische Frauen zeigen niedrige Wiederaufnahmeraten. Höhere Raten bei Russen, Serben und Türken deuten eher auf Zugangshürden. Studienleiter Peter Klimek betont: Die Nutzung des Gesundheitssystems unterscheide sich stark nach Nationalität und sei nicht allein durch einzelne Faktoren erklärbar. Er fordert Maßnahmen wie Übersetzungsangebote und Orientierungshilfen. Hinweise auf unterdiagnostizierte psychische sowie eine Konzentration auf schwerere Erkrankungen bei Migranten ergänzen die Resultate.

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