••• Von Martin Rümmele
Eigentlich ist alles klar in Sachen Gesundheitsreform: Es wird, wie medianet bereits exklusiv berichtete, vom Bund in den kommenden fünf Jahren insgesamt zehn Mrd. € zusätzlich aus Steuermitteln geben. Damit verschiebt sich auch die Grundstruktur im heimischen Gesundheitssystem, das bisher stark durch die selbstverwalteten Sozialversicherungen geprägt war. Künftig wächst der Steueranteil in der Finanzierung auf Kosten der oft kritisierten Abhängigkeit von Lohn- und Gehaltsabgaben. Dass diese allerdings im Gegenzug sinken, ist dennoch unwahrscheinlich.
Mehr Geld für Kassenärzte
Am Mittwoch hat die Regierung ihr bereits bekanntes Paket im Bereich der Primärversorgung auf den Weg gebracht – mit einer Einschränkung des Einflusses der Ärztekammer. Sie soll künftig kein Veto mehr gegen neue Primärversorgungseinheiten haben, wenn sich für Kassenstellen keine Bewerber finden. Die Regierung will zudem heuer noch 100 weitere Kassenstellen finanzieren und insgesamt 800 in den kommenden Jahren. Dazu braucht es allerdings die Bereitschaft von Ärzten, diese Stellen auch anzunehmen. Gelingen soll das durch eine Erhöhung der Honorare. Es ist zu erwarten, dass ein Teil der 10 Mrd. € (2 Mrd. € jährlich) dafür verwendet wird. Die Ärztekammer hat zuletzt die Kosten für die Harmonisierung der Leistungen auf das aktuell höchste Niveau der früheren Gebietskrankenkassen mit rund einer Mrd. € pro Jahr beziffert. Zudem sollen Allgemeinmediziner künftig zu Fachärzten aufgewertet werden.
Die Regierung hat am Samstag bekräftigt, „rasche Schritte” zur Reform des Gesundheitssystems setzen zu wollen. „So wie es in den vergangenen 15 Jahren war, kann es nicht weitergehen. Das wird harte Arbeit, aber das gehen wir jetzt an”, gibt sich der Bundeskanzler selbstkritisch – immerhin stellt die ÖVP seit 22 Jahren den Vorsitz in der Sozialversicherung und hat 2017 mit der FPÖ die Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen zur ÖGK, Bauern- und Selbstständigenkasse zur SVS sowie BVA und Eisenbahnerkasse zur BVAEB als großen Wurf gefeiert.
„Wir wollen weiterhin eines der besten Gesundheitssysteme der Welt haben, und dazu braucht es Verbesserungen. Dazu werden wir noch im Juni konkrete Schritte setzen. Darüber hinaus laufen die Arbeiten an der großen Gesundheitsreform im Rahmen des Finanzausgleichs weiter. Wir werden uns in den nächsten Wochen intensiv mit Expertinnen und Experten im Bundeskanzleramt beraten und noch vor dem Sommer erste Maßnahmen vorlegen”, erklärt Nehammer am Wochenende. Und Rauch ergänzt: „Versäumtes nachzuholen, geht leider nicht von heute auf morgen. Umso wichtiger ist es, dass wir wichtige Punkte schnell angehen. Österreichs Gesundheitssystem leistet nach wie vor gute Arbeit, wir müssen jetzt alles tun, damit das auch so bleibt.”
Reform bei Arzneimitteln
Weitere Reformpläne sind deshalb eine Bevorratungsverordnung für wichtige Medikamente, um Lieferengpässen vorzubeugen, und der Ausbau des Medikamentenversands durch die Erlaubnis für Abholfächer beziehungsweise Abholstationen bei stationären Apotheken zur Hinterlegung von rezeptfreien Arzneimitteln. Weiters geplant sind Verbesserungen bei der psychosozialen Versorgung, der Ausbau digitaler Angebote, sowie das eRezept und, wie berichtet, eine Stärkung der Elektronischen Gesundheitsakte ELGA. Ebenfalls bereits berichtet hat medianet über künftige Förderungen für Praxisgründungen sowie Klimaförderungen für Ordinationen, Apotheken, Spitäler, Pflegeeinrichtungen und Ambulatorien – insgesamt 350 Mio. € bis 2030. Die Pflege wird aufgewertet und soll Ärzte entlasten – durch die Pflegegeldbegutachtung durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal sowie die Erstverordnung von Medizinprodukten für Pflegefälle durch diplomiertes Gesundheits- und Krankenpflegepersonal.
