••• Von Martin Rümmele
Der Nationalrat hat am Mittwoch die Gesundheitsreform beschlossen und dabei auch fixiert, dass Wahlärzte künftig an das eCard-System angebunden werden sollen. Gleichzeitig wird das System allerdings nach wie vor kritisiert und darüber diskutiert, wie versorgungswirksam die wachsende Zahl an Wahlärzten überhaupt ist. Denn ihre steigende Zahl sagt noch nichts über ihre Leistungen aus und viele Wahlärzte haben deutlich kürzere Öffnungszeiten pro Woche als Kassenärzte.
Klar ist aber auch, dass rund 55% der heimischen Hausärzte und rund 70% der niedergelassenen Fachärzte inzwischen Wahlärzte sind. Insgesamt stehen rund 10.000 Wahlärzte rund 7.000 Kassenärzten gegenüber. Wahlärzte haben keinen Vertrag mit der Krankenversicherung. Daher werden Menschen dort als Privatpatient behandelt und müssen die Behandlung zunächst selbst bezahlen. Die Kasse erstattet dann 80% des Kassentarifs zurück, den sonst Kassenärzte erhalten würden. Allerdings können Wahlärzte auch mehr für ihre Arbeit verlangen, was dann für die Patienten zum Teil eine recht hohe Selbstbeteiligung bedeutet.
Einbindung ins System
Die Anbindung an ELGA soll helfen, Kassenleistungen online abrechnen zu können und Transparenz zwischen Kassen- und Privatleistungen herstellen, damit überhaupt klar ist, welche Therapien Wahlärzte bei einem Patienten verordnet haben und wie groß der Sektor wirklich ist.
Die Wünsche der Politik gehen aber weiter: Der oö. SPÖ-Vorsitzende Michael Lindner forderte zuletzt, das Wahlarztsystem langfristig komplett abzuschaffen. Er tritt für eine „schrittweise Überführung” der Wahlärzte in das Kassensystem ein. Gleichzeitig müsse man an den Arbeitsbedingungen für Kassenärzte arbeiten. Nur so könne man „eine leistbare und faire Gesundheitsversorgung” für alle sicherstellen, sagte er. Lindners Diagnose: Die Gesundheitsversorgung sei durch den Leitsatz „Mehr privat, weniger Staat” in die Sackgasse geführt worden, die Verantwortung dafür ortet er bei ÖVP und FPÖ. „Es liegt auf der Hand: Fehlen kostenfreie Kassenärztinnen und Kassenärzte, zwingt man die Patientinnen und Patienten, auf das kostenpflichtige Wahlarzt-angebot auszuweichen.” Durch die Schere zwischen Kassenärzten, deren Honorierung sich in den vergangenen „zwei bis drei Jahrzehnten beinahe nicht verändert hat”, und Wahlärzten, die ihre Honorare selbst festlegen können, „entstehen tiefe Gräben zwischen beiden Gruppen und in der Gesellschaft”, so Lindner.
„Nebenjobs” im Spital
Wiens Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) kritisierte zuletzt, dass viele Wahlärzte eigentlich im Spital arbeiten und nebenbei eine Ordination führen. Wenn jemand Vollzeit in einem Spital arbeite, könne er nebenher machen, was er will, sagte Hacker in der Tageszeitung Die Presse. „Wenn er aber nur wenige Stunden angestellt ist, um kranken- und unfallversichert zu sein, und das große Geld in der Wahlarztordination verdient, kann ich das den Steuerzahlern nicht zumuten. Wie kommt die Bevölkerung dazu, privatwirtschaftliche Unternehmungen wie Wahlarztpraxen mitzufinanzieren und das unternehmerische Risiko von Wahlärzten zu reduzieren?”
Die Ärztekammer ist in der Debatte zwiegespalten – nicht zuletzt deshalb, weil Wahlärzte auch eine wachsende, kammerinterne Wählergruppe sind und in den Gremien nicht zwischen Wahl- und Kassenarzt unterschieden wird. Die Honorarverhandlungen für niedergelassene Ärzte mit den Kassen müssen folglich auch Wahlärzte absegnen. Von 49 Mitgliedern in Präsidium, Kurien und Vorstand der Österreichischen und der Wiener Ärztekammer sind inzwischen bereits 22 Wahlärzte. ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart sieht darin dennoch kein Problem: „Es ist gut, dass dieser Ausgleich innerhalb der Kammer passiert.” Wahlärzte seien tatsächlich eine Stütze des Systems und gerade in einigen Bereich besonders wichtig.