Klimawandel als Gesundheitsrisiko
© APA/Harald Schneider
Hitzefolgen Zwei Grad Klima­erwärmung bedeuten 50% mehr Hitzetote, warnen ­Experten.
HEALTH ECONOMY Redaktion 27.08.2021

Klimawandel als Gesundheitsrisiko

Immer mehr Gesundheitsexperten warnen vor den medizinischen Folgen von extremen Hitzewellen.

••• Von Martin Rümmele

WIEN. Auch wenn der Sommer noch nicht vorbei ist, so zeichnet sich doch bereits ab: Das Jahr 2021 ist ein Jahr mit überdurchschnittlich hohen Temperaturen. Hitzewellen ereignen sich nicht nur rund um das Mittelmeer, sondern auch österreichweit mit zunehmender Intensität und Dauer. Und sie stellen eine außergewöhnliche Belastung für das Gesundheitssystem, dicht bebaute Gebiete sowie die dort wohnenden Menschen dar.

Dass durch die Auswirkungen von Hitze auf den menschlichen Körper in weiterer Folge auch das Unfallrisiko erhöht ist, zeigt etwa ein Blick auf die Verkehrsunfallstatistik, erklärte Armin Kaltenegger, Leiter des Bereichs Eigentumsschutz im KFV. Liegt die gemessene Tageshöchsttemperatur bei 30 Grad Celsius oder darüber, ereignen sich im Verhältnis zu Tagen mit 20 bis 25 Grad um 73% mehr Verkehrsunfälle mit Personenschaden, diese mit 69% mehr Verletzten und 57% mehr Todesopfern. Besonders gefährlich wird die Hitze für Einspurige: Die Zahl der Fahrradunfälle ist mehr als drei Mal so hoch, die der Motorradunfälle fast sechs Mal.

Herzerkrankungen und Stress

„Besonders für vulnerable Personengruppen, wie Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen sind Hitzewellen eine große Gefahr. Der Hitzestress wirkt sich aber auf uns alle aus. Das Herz-Kreislaufsystem ist stark belastet, die körperliche, aber auch die geistige Leistungsfähigkeit sinkt. Damit nehmen auch Gereiztheit, Aggressivität und Unkonzentriertheit zu”, erläutert Hans-Peter Hutter, Facharzt Hygiene und Mikrobiologie mit Schwerpunkt Umweltmedizin sowie Landschaftsökologe. Und weiter: „Die Auswirkungen der Hitze werden nach wie vor unterschätzt.”

Auch die Armutskonferenz warnt vor den Gesundheitsgefahren durch Hitzeperioden – die Risiken seien sozial ungleich verteilt. Besonders gefährdet seien Ältere und Pflegebedürftige, Kinder sowie Haushalte in Vierteln mit geringem Einkommen. „Zwei Grad Klimaerwärmung bedeutet 50 Prozent mehr Hitzetote”, sagt Sozialexperte Martin Schenk. Bei drei oder vier Grad im Schnitt mehr würde sich die Zahl der Todesfälle sogar vervierfachen. Zwischen 2013 und 2020 verzeichnete Österreich 3.701 Hitzetote. 2013, 2015, 2017 und 2018 seien mehr Menschen durch Hitze als im Straßenverkehr gestorben.
Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) installiert nun im Rahmen des Schwerpunkts „Gesundheitsförderung 21+” ein eigenes Kompetenzzentrum „Gesundheit und Klimaschutz” bei der bundeseigenen Gesundheit Österreich gmbH (GÖG). Dort sollen die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels genau analysiert werden; zudem werden neun Projekte in sechs Bundesländern mit rund 300.000 € gefördert.

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