Krankenkassen erwarten für heuer kräftiges Minus
© APA/Hans Klaus Techt
HEALTH ECONOMY Redaktion 22.02.2019

Krankenkassen erwarten für heuer kräftiges Minus

Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen erhöht vorerst die Kosten – das Defizit steigt auf 85 Mio. Euro.

••• Von Martin Rümmele

Eigentlich möchte die Regierung mit der Reform der Sozialversicherungen eine Milliarde für die Patienten frei machen. Vorerst dürften aber die Reformkritiker Recht behalten, die erwarten, dass die Reform vor allem Geld vernichtet.

Die Krankenkassen erwarten jedenfalls für heuer ein Defizit von 85 Mio. € – und rutschen damit tief in die roten Zahlen. Das geht aus der vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger veröffentlichten Prognose hervor. Und es könnte noch mehr werden. Die Kosten für die Fusion der 21 Sozialversicherungen auf künftig fünf sind darin nämlich nur teilweise eingerechnet, sagt Hauptverbands-Chef Alexander Biach.

2020 könnte noch mehr kosten

Eingerechnet sind jedenfalls die Fusionskosten für die Sozialversicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft (SVA) und jene der Bauern (SVB), die zur Selbstständigen-Versicherung SVS zusammengeführt werden. Schon beschlossen wurden für die SVA sieben und für die SVB drei Mio. €. Noch nicht enthalten sind die reinen Fusionskosten der neun Gebietskrankenkassen, die zur Österreichischen Gesundheitskassen (ÖGK) zusammengeschlossen werden; Biach rechnet hier für heuer mit einer Million. Er geht aber davon aus, dass die Kassen dies aus eigener Kraft stemmen können und es deshalb zu keiner Erhöhung des Defizits kommen wird.

Für das nächste Jahr rechnet der Hauptverbands-Chef allerdings mit höheren Fusionskosten; quantifizieren wollte er diese jedoch nicht. Das sei dann Aufgabe des Überleitungsausschusses, der mit 1. April seine Arbeit aufnehmen wird. Ab diesem Zeitpunkt gibt es zwei Führungsgremien – die alte Kassenspitze mit Biach will bis Jahresende die laufenden Verträge erfüllen – und die Überleitungsgremien, die die Fusion bis Anfang 2020 vorbereiten sollen.
Eingerechnet in das Minus von 85 Millionen sind erste andere Auswirkungen der Kassenreform. So müssen die Kassen heuer wie berichtet zusätzlich 14,7 Mio. € für die Privatspitäler aufwenden. Zudem wurde der Pauschalbetrag der AUVA für die Behandlung von Arbeitsunfällen eingefroren, was weitere zehn Mio. € kostet. Als weiteren Kostenfaktor führte Biach an, dass es trotz Ausgabenbremse auf Wunsch der Ärztekammer in einzelnen Fachgebieten deutlich erhöhte Ärztehonorare gebe. Dadurch steige das Honorarwachstum um rund 100 Mio. €.
Von den neun Gebietskrankenkassen erwarten laut der Prognose heuer nur die Kärntner (plus 12,6 Mio. €) und die Steiermark (plus 11,9 Mio. €) ein positives Ergebnis, im Burgenland rechnet man mit einem ausgeglichenen Ergebnis, alle anderen prognostizieren ein Minus.

2018 gab es einen Überschuss

Deutlich besser als ursprünglich erwartet ist dafür das vergangene Jahr gelaufen: Laut den vorläufigen Gebarungsergebnissen haben alle Krankenkassen 2018 insgesamt einen Überschuss von 105 Mio. € erzielt. Dabei war man im November noch von einem Plus von 40 Mio. € und im Februar gar noch von einem Minus von 41 Mio. € ausgegangen. Biach führte dies auf die wesentlich bessere Konjunktur zurück, wodurch die Beitragseinnahmen um 0,8 % besser als erwartet gelaufen seien. Außerdem seien die Ausgaben für die Ärzteverträge und die Leistungsharmonisierung nicht ganz so hoch wie angenommen ausgefallen.

Kritik an der Prognose kommt bereits aus der SPÖ: „Noch ohne die vollen Fusionskosten eingepreist zu haben, rutschen die Kassen aufgrund der Maßnahmen der Regierung bereits heuer ins Minus”, kritisiert der Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs, Peter Kostelka. „Wovor wir immer gewarnt haben, tritt bereits jetzt ein: Die willkürliche Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen wird wesentlich mehr kosten, als sie bringt”, betont Kostelka. Er hofft darauf, das umstrittene Kassengesetz noch mit einer Verfassungsklage kippen zu können. „Wir bereiten als Pensionistenverband gerade alle juristischen Möglichkeiten auf.”

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL