••• Von Martin Rümmele
WIEN/LINZ. Erstmals liegen Ergebnisse groß angelegter Auswertungen zum Thema Diabetes vor – darunter über 6,5 Mio. Nüchternblutzuckerwerte aus der Gesundenuntersuchung sowie aktuelle Prävalenzdaten aus Hausarztpraxen und Spitälern. In einer der bislang größten Studien ihrer Art haben Forscher aus Oberösterreich systematisch den Blutzuckerwert (HbA1c) von über 3000 erwachsenen Krankenhauspatienten untersucht. Das Ergebnis ist alarmierend: Mehr als jeder zweite Patient (51,5%) litt an Diabetes oder einer Vorstufe davon – teilweise ohne es zu wissen.
„Diese Zahlen zeigen, dass wir es mit einer weitgehend unerkannten Epidemie zu tun haben”, erklärt Studienleiter und Past-President der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG), Martin Clodi. „Besonders alarmierend ist, dass viele der Betroffenen nichts von ihrer Erkrankung wussten – erst im Zuge der stationären Aufnahme wurde der Diabetes festgestellt.” Durchgeführt wurde die Untersuchung an drei Krankenhäusern in Linz und Gmunden. „Insgesamt 27,8% der Patientinnen und Patienten hatten manifesten Diabetes, bei weiteren 23,7% fanden wir sogenannte Prädiabetes-Werte”, erklärt Autor Clodi.
„Diese Daten sind ein Weckruf”, kommentiert ÖDG-Präsident Peter Fasching. „Die flächendeckende Bestimmung des HbA1c-Wertes bei Spitalsaufnahmen muss zur Routine werden, wenn wir Versorgungslücken schließen und Folgeerkrankungen verhindern wollen.” Die Studie zeigt auch einen engen Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutzucker und anderen Erkrankungen: Herzschwäche, Bluthochdruck und Gefäßverkalkungen waren bei Menschen mit Diabetes oder Prädiabetes deutlich häufiger.
Vergleich mit Vorsorgedaten
In der Untersuchung wurden die Daten mit einer weiteren Studie der ÖDG, die in allgemeinmedizinischen und internistischen Ordinationen österreichweit bei Vorsorgeuntersuchungen durchgeführt wurde, verglichen. Diese zeigt, dass sieben Prozent der Teilnehmer an bekanntem Typ-2-Diabetes leiden, während drei Prozent bislang unentdeckten Diabetes aufwiesen. Prädiabetes wurde bei rund 20% festgestellt.
