••• Von Katrin Grabner
WIEN. Bis zum Jahr 2030 braucht es in Österreich rund 76.000 mehr Personen in Pflege- und Betreuungsberufen, um den Bedarf zu decken. Laut Humanocare-Eigentümer Julian Hadschieff kann dies ohne Arbeitsmigration nicht funktionieren. Er erklärt im medianet-Gespräch, woran es derzeit scheitert und was es für die Zukunft braucht.
medianet: Die Personalsituation spitzt sich zu. Was steht einer Lösung derzeit im Weg?
Julian Hadschieff: Ein Punkt ist für mich wesentlich – es wurde die vergangenen Jahre nichts ausgelassen, um den Beruf Pflege schlechtzureden. Da brauchen wir uns nicht wundern, dass junge Menschen nicht in diesem Bereich arbeiten wollen. Wir müssen einerseits zeigen, wie toll dieser Beruf ist, und andererseits dafür sorgen, dass die Rahmenbedingungen passen. Und: Es muss uns gelingen, zeitnah Menschen zur Unterstützung in das System zu bringen. Das versuchen wir etwa mit unserem Tochterunternehmen Talent & Care.
medianet: Sie rekrutieren mit Ihrer Firma Pflegekräfte aus dem Ausland. Ist das die Lösung?
Hadschieff: Es ist ein Teil der Lösung. Ohne Arbeitsmigration wird es nicht gehen, jede neue Pflegekraft im System hilft.
medianet: Gesundheitsminister Johannes Rauch sieht das auch so. Ist der politische Wille da?
Hadschieff: Zum Teil schon. Manche Entscheidungsträger haben aber nach wie vor eine völlig falsche Vorstellung von der Notwendigkeit, die wir für Arbeitsmigration haben. Wo sich außerdem viele brutal verschätzen: Nicht alle wollen unbedingt nach Österreich – wir sind im Wettbewerb mit allen anderen westlichen Ländern. Wir müssen uns einerseits besser vermarkten und es den Menschen, die zu uns arbeiten kommen wollen, auch leichter machen. Das ridige Berufsrecht und der Glaube, nur die eigene Ausbildung ist die beste, sind hier Dinge, die einen Fortschritt in diesem Bereich blockieren.
medianet: Was fordern Sie also von der Politik?
Hadschieff: Mit der Rot-Weiß-Rot-Karte ist schon viel Gutes passiert. Im Vollzug müssen wir aber noch besser werden, also bei den Nostrifikationen. Das muss schneller gehen. Eine aktive Willkommenskultur für internationale Fachkräfte ist unabdinglich. Abgesehen davon braucht es grundsätzlich einen erleichterten Zugang zu Aus- und Weiterbildungen, auch im nicht-akademischen Bereich. Und: ein familienfreundliches Arbeitsumfeld. Wenn wir wollen, dass die Leute mehr arbeiten, dann muss es eine funktionierende Kinderbetreuung geben.