Personalmangel bedroht medizinische Versorgung
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HEALTH ECONOMY Redaktion 14.04.2023

Personalmangel bedroht medizinische Versorgung

Nicht nur in Österreich fehlen medizinische Fachkräfte. Die WHO warnt vor weltweiten Engpässen.

••• Von Katrin Grabner

GENF/BREGENZ/LONDON. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihr 75-Jahre-Jubiläum zum Anlass genommen, um eine Warnung auszusprechen. Bis 2030 fehlen im Gesundheitssektor weltweit rund zehn Mio. Fachkräfte. „Es gibt keine Gesundheit ohne Gesundheitsfachkräfte und Pflegepersonal”, mahnt WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus in diesem Zusammenhang.

Tedros betont dabei vor allem die Rolle der Frauen, denn sie machen weltweit fast 70% des Gesundheitspersonals, aber nur weniger als ein Viertel der Führungskräfte in diesem Bereich aus. Die WHO ruft nun alle Länder dazu auf, allgemein für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen im Gesundheitssektor zu sorgen.

Auf Personalsuche

In Österreich bemühen sich die heimischen Spitalsträger laut eigenen Angaben laufend um bessere Arbeitsbedingungen. Wie eine medianet-Recherche Anfang des Jahres ergab, sind allein in Österreichs Spitälern rund 4.000 Stellen unbesetzt – ein Großteil davon im Bereich der Pflege. Betriebliche Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeitgestaltung sowie verstärkte Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sollen die Arbeit im Spital attraktivieren.

Für nachhaltige Lösungen brauche es laut den Spitalsbetreibern aber (weitere) Zugeständnisse der Politik; die Mehrheit wünscht sich hier eine funktionierende Versorgung im niedergelassenen Bereich, um die Krankenhäuser zu entlasten. Beim medianet-Rundruf gab es außerdem die Forderung, die Bundeskompetenzen zu steigern, um Interessenskonflikte zwischen Ländern und Spitalsbetreibern zu vermeiden.

Bessere Bezahlung gefordert

Ein aktuelles Beispiel aus Vorarlberg zeigt, dass auch eine bessere Bezahlung als „unmittelbar wirksame” Lösung für den Personalmangel gesehen wird – zumindest wenn es nach der dortigen Ärztekammer geht. Sie fordert höhere Gehälter für Spitalsärzte und -ärztinnen, um mehr Personal anzulocken und so „mehr Zeit und bessere Arbeitsbedingungen” schaffen zu können.

Laut Hermann Blaßnig, Vizepräsident der Ärztekammer Vorarlberg, müsse vor allem das Gehalt der Oberärzte und -ärztinnen auf das gleiche Niveau wie in anderen Bundesländern angehoben werden. „Inzwischen verdient ein Oberarzt im Burgenland bis zu 30 Prozent mehr als ein Oberarzt in Vorarlberg”, stellt Blaßnig fest. Das mache das Arbeiten in Vorarlbergs Spitälern „auf lange Sicht unattraktiv”. Das Ziel müsse sein, „langfristig stabile und attraktive Arbeitsbedingungen in den Vorarlberger Krankenhäusern zu sichern”.

Streiks in Großbritannien

Ein höheres Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen fordern auch Assitenzärzte und -ärztinnen in Großbritannien. Nach einer beispiellosen Streikwelle in den vergangenen Monaten konnten sich Regierung und Gewerkschaften zwar mit den meisten Berufsgruppen einigen – nicht aber mit den Assistenzärzten. Sie fordern eine Gehaltserhöhung von 35%, um die 15 Jahre auszugleichen, in denen die Gehaltsentwicklung unter der Inflation gelegen habe. „Alles, war wir wollen, ist ein ernstzunehmendes Angebot, damit wir über diesen Reallohnverlust reden und Verhandlungen aufnehmen können”, sagte ein Gewerkschaftsvertreter gegenüber der BBC.

Der von den Assistenzärzten angekündigte Streik soll vier Tage dauern. Führungskräfte im Gesundheitssektor sehen diesen Tagen mit Sorge entgegen. Bis zu eine Viertelmillion Termine und Operationen könnten laut offizieller Stelle ausfallen und sich verschieben. Die konservative Regierung fordert eine Absage des Streiks. Nur so könne weiterverhandelt werden.

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