••• Von Martin Rümmele
WIEN. Nicht nur das Wetter brachte diesen Sommer Spitzenwerte mit sich, auch die Patientenzahlen in den Spitalsambulanzen stiegen deutlich an: Sie verzeichneten rund 10% mehr an Akutpatienten, teilt der Verband leitender Krankenhausärzte (VLKÖ) mit. Statistisch gesehen besuche jeder Österreicher zwei Mal pro Jahr eine Klinik, das macht 16 Mio. Ambulanzbesuche pro Jahr. „Immer noch kämpfen Österreichs Ambulanzen mit einem unverminderten Andrang der Patienten – Patienten, die auch bei unseren Kollegen in den Ordinationen bestens versorgt werden können”, erklärt der VLKÖ-Präsident Primar Otto Traindl.
Primärversorgung ausbauen
Der VLKÖ fordert deshalb eine rasche Umsetzung der Gesundheitsreform und eine Lenkung der Patientenströme. Das Prinzip des „Best Point of Service” mittels Primary Health Center (PHC) sei das erklärte Ziel einer solchen Gesundheitsreform. Primary Health Center, aber auch Einrichtungen wie medizinische Call-Center für Patienten, seien jedoch nur erste Ansätze. Der VLKÖ steht Einrichtungen wie dem medizinischen Call-Center positiv gegenüber, wenn es sich dabei um international erprobte Modelle handelt und die qualitativ hochwertige Beratung zu einer Lenkung der Patienenströme führt. „Selbstverständlich sind solche Einrichtungen aber kein Ersatz für das Arzt-Patientengespräch, sondern lediglich ein Weg, den Patienten so rasch wie möglich an den richtigen Arzt zu bringen”, sagt Traindl.
Breit diskutiert werden sollte aus Sicht des VLKÖ auch die Wiedereinführung der umstrittenen Ambulanzgebühr. Sie könne einerseits regulierend eingreifen und außerdem sei sie im Stande, auch teure Spitalsleistungen im ambulanten Bereich teilweise abzudecken, sind die Primarärzte überzeugt. „Diese Maßnahme ist jedoch nur sinnvoll, wenn der bürokratische Aufwand im Gegensatz zu früheren Jahren massiv reduziert und von der medizinischen wie pflegerischen Leistung entkoppelt wird.” Wie das gehen soll, lässt der VLKÖ offen.
Parallel müsse das Angebot für berufstätige Patienten im niedergelassen Bereich entsprechend flächendeckend und mit zeitlich sinnvollen Ordinationszeiten ausgebaut werden. „Durch dem Beruf angepasste Öffnungszeiten der Ordinationen und Praxen haben einige bereits erkannt, dass so der Bedarf der Patienten gedeckt ist”, meint Traindl. „Ein Patient mit Halsschmerzen gehört ins Bett und, wenn die Beschwerden zunehmen, zum Hausarzt, aber nicht in die überfüllte Klink.”
Ebenso sei aber erforderlich, endlich österreichweit darzustellen, wer wann wo und warum eine Ambulanz aufsucht, meint der Chef der Primarärzte und fordert hier von den Kliniken Transparenz ein. Die Daten sind seiner Meinung nach nämlich durchaus vorhanden. „Es wäre ein schweres Versäumnis der österreichischen Spitalsträger, wenn sie nicht über entsprechendes Datenmaterial verfügten.” Es sei mit Sicherheit anzunehmen, dass große regionale Unterschiede bestehen, insbesondere zwischen Ballungsgebieten und dem ländlichen Raum.” Auf die müsse man bei den Reformen auch reagieren.
Ärztekammer skeptisch
Die Ärztekammer steht in ihrem Widerstand gegen Primärversorgungszentren im heimischen Gesundheitswesen zunehmend isoliert da. Bund, Länder und Sozialversicherung übten bereits Kritik an den angedrohten Kassenvertragskündigungen der Standesvertretung. Die Kammer fürchtet um Einfluss und dass von Kammer und Krankenkasse ausverhandelten Gesamtverträge ausgehöhlt werden.