••• Von Martin Rümmele
Eigentlich klangen die Zahlen positiv – zumindest auf den ersten Blick: Der Verlust der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) für 2020 dürfte deutlich geringer ausfallen als ursprünglich befürchtet. Der Vizeobmann und Arbeitnehmervertreter Andreas Huss kündigte im Februar an, dass das Minus weniger als 100 Mio. € betragen werde; im August hatte man noch mit einem Defizit von 447 Mio. € gerechnet und zuletzt im November mit 194 Mio. Durch die Soforthilfe aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds des Bundes in der Höhe von 60 Mio. € dürfte das Minus sogar nur 0,075 % der Gesamtgebarung ausmachen.
Das Problem dabei: Der Grund für das geringere Minus im Vorjahr ist, dass zwar die Einnahmen durch die Coronakrise massiv gesunken sind, die Versicherten aber auch wesentlich weniger zum Arzt gegangen sind, weniger Vorsorgeuntersuchungen absolviert haben und weniger auf Kur oder Reha gefahren sind. Dadurch sanken die Ausgaben der ÖGK enorm. Weil im gleichen Zeitraum auch die Ausgaben von Medikamenten zurückgegangen sind, rechnen Beobachter damit, dass auch die Gesundheitsausgaben insgesamt im Vorjahr gesunken sind.
BIP-Anteil stagniert
Endgültige Daten dafür gibt es noch nicht. Mitte Februar wurden erst die Daten für 2019 von der Statistik Austria präsentiert. Doch auch da zeigte sich eine spannende Entwicklung: Der BIP-Anteil der Gesundheitsausgaben stagniert seit 2015 bei 10,4% und auch 2010 lag der Anteil mit 10,2% nur wenig niedriger. Die laufenden Gesundheitsausgaben einschließlich der Ausgaben für Langzeitpflege lagen laut Statistik Austria in Österreich im Jahr 2019 bei 41,48 Mrd. €. Im Vergleich zu 2018 erhöhten sich die nominellen Ausgaben für Gesundheitsleistungen und -güter um 1,72 Mrd. € beziehungsweise um 4,3%. Der stationäre Bereich machte mit 40,5% den größten Anteil aus. Im Vergleich der 22 EU-Mitgliedsstaaten in der OECD lag Österreich bei den Gesundheitsausgaben auf dem vierten Platz, lediglich in Deutschland, Frankreich und Schweden waren die Ausgaben im Verhältnis zum BIP noch höher.
Besser durch die Krise
Die hohen Ausgaben für Krankenhäuser dürften allerdings auch mitgeholfen haben, dass Österreich im Vergleich zu anderen Ländern verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen ist. In Italien war etwa über Jahre im Gesundheitswesen gespart worden – die Intensivmedizin war deshalb auf die Coronakrise noch weniger vorbereitet, als in anderen Ländern: Für 60 Mio. Einwohner standen in ganz Italien nur 5.200 Plätze in Intensivstationen zur Verfügung. Zum Vergleich: In Österreich waren es Anfang 2020 rund 2.450 für knapp 9 Mio. Menschen.
Auch der öffentlich finanzierte Teil in Österreich ist hoch: Bund, Länder, Gemeinden sowie die Sozialversicherungsträger kamen 2019 für 75,2% beziehungsweise 31,21 Mrd. € der laufenden Gesundheitsausgaben auf. Die restlichen Ausgaben in Höhe von 10,27 Mrd. € wurden von privaten Haushalten, freiwilligen Krankenversicherungen, privaten Organisationen ohne Erwerbszweck sowie Unternehmen getragen.
Einer, der will dass das auch so bleibt, ist der neue Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne), der am Montag vom Bundespräsidenten angelobt worden ist. Mückstein gilt als Verfechter des bestehenden Systems und Kämpfer gegen die Zwei-Klassen-Medizin. „Er ist ein klassischer Hausarzt, da lernt man Menschen gut kennen – das ist eine gute Voraussetzung, um ein guter Sozialpolitiker zu sein”, sagt etwa Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres über den neuen Minister. Allerdings wird es auch Anstrengungen brauchen, damit das so bleibt. Zuletzt wurde bekannt, dass die Zahl der Kassenärzte stagniert, jene der Wahlärzte steigt hingegen weiter kontinuierlich an. Ende 2020 gab es 8.132 Mediziner mit Kassenvertrag; das sind genau gleich viele wie 2017. Die Zahl der Wahlärzte stieg um 289 auf 10.578.