Schwellenländer haben mehr Energie als Europa
© Aleo Solar
INDUSTRIAL TECHNOLOGY britta biron 25.03.2016

Schwellenländer haben mehr Energie als Europa

In Europa stockt die Energiewende, das weltweite Wachstum wird vor allem von Schwellen- und Entwicklungsländern getrieben.

 

BERLIN. Die Energiewende mag eine europäische Erfindung sein, mittlerweile sieht es aber eher danach aus, dass die Alte Welt zunehmend ins Hintertreffen gerät.

Einer Analyse von IHS Inc zufolge rangiert Deutschland beim Photovoltaik-Zubau zwar weiterhin unter den Top-Nationen, wird heuer allerdings von den USA und ­Japan überholt und damit von Platz zwei auf Platz vier abrutschen.
Dass sich am deutschen bzw. auch europäischen PV-Markt seit Jahren wenig bewegt, sei, so IHS-Analystin Josefin Berg, vor allem auf die Kürzungen bei den Förderungen zurückzuführen. Auf globaler Ebene zeige sich dagegen weiterhin ein starkes Wachstum. Denn für heuer wird mit zusätzlichen 69 GW (2015: 59 GW) und damit einer installierten Gesamtleistung von mehr als 310 GW gerechnet. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Windkraft. Mittlerweile übersteigt die Windkraftleistung in China mit 145 GW jene Europas mit 142 GW.

Boom-Markt Afrika

Vom weltweiten Boom der Erneuerbaren Energien profitiert Europa aber dennoch.

So hat Siemens im Vorjahr den größten jemals in Afrika vergebenen Auftrag für Windenergieanlagen erhalten. Dabei handelt es sich um drei Großprojekte eines von Mainstream Renewable Power geführten Konsortiums in Südafrika.
Der deutsche Konzern hat kürzlich auch bekannt gegeben, in Marokko ein Werk für Windkraftrotoren zu errichten. Das Investitions­volumen beträgt mehr als 100 Mio. €. Mit dem Bau wird noch dieses Frühjahr begonnen, die Produktion soll noch im ersten Quartal 2017 starten.
„Wir investieren dort, wo wir gute Geschäftsbedingungen vorfinden”, erklärt Markus Tacke, CEO der Siemens Wind Power and Renewables Division.
Ziel der marokkanischen Regierung ist es, bis 2020 rund 42% seines Energiebedarfs durch Erneuerbare Energien zu decken – davon ein Fünftel durch die Windkraft.

Schwellenländer werden grün

„Marokko ist ein hervorragender Standort, um die wachsenden Onshore-Märkte in Afrika, dem Mittleren Osten und Europa zu bedienen”, so Tacke weiter.

Zunehmend auf saubere Energiequellen wollen künftig viele Schwellenländer setzen. So ist vor Kurzem der Pollo Solar Park, das bisher größte Photovoltaik-Kraftwerk der Philippinen mit einer Leistung von 132,5 MW, in Betrieb gegangen.
In Bau befindet sich in Chile derzeit die PV-Anlage La Silla; sie wird das erste PV-Kraftwerk der Welt, das neuartige doppelseitige und smarte Module mit herkömmlichen Modulen kombiniert. Damit soll die Strom-Produktion im Vergleich zu einer herkömmlichen Anlage derselben Größe um 5–10 Prozent ­gesteigert werden.

Chancen für EU-Wirtschaft

„Erneuerbare Energie ist in vielen Entwicklungsländern die wirtschaftlich günstigste Energiequelle”, ist Thani Al Zeyoudi vom Außenministerium der Vereinigten Arabischen Emirate überzeugt.

Allerdings benötigen viele dieser Länder bei ihren ambitionierten Plänen finanzielle Hilfe.
Mindestens acht Mrd. € wollen ­allein europäische Länder gemeinsam aufbringen – insgesamt fünf Mrd. € haben Deutschland und Frankreich bereits zugesagt, um Projekte in Afrika zu unterstützen. Nicht ganz uneigennützig, denn man hofft – durchaus zu Recht – auf Aufträge für die Unternehmen in der EU. „Europas Windenergie-Industrie hat einen Marktanteil von 40 Prozent und ist in technischer Hinsicht führend. Um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, brauchen wir auch einen starken Heimatmarkt”, meint Giles Dickson, CEO derEuropean Wind Energy ­Association.

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