••• Von Sascha Harold
Im Ranking der Digitalagenturen gibt es bei den xpert.awards heuer einen alten Bekannten: Heimat Wien setzt sich mit Bestwertung vor Scholz & Friends und Reichl und Partner eMarketing durch. In einem Doppelinterview erzählen Gründer und CEO Markus Wieser und Partner und COO Alexander Hofmann vom letzten Jahr, aktuellen Trends und anstehenden Aufgaben.
medianet: Erneut ist Heimat Wien die beste Digitalagentur im xpert.Ranking. Was ist das Erfolgsrezept?
Alexander Hofmann: Wenn das so einfach wäre, würden wir es hier nicht verraten.
Wieser: Aber zum Kauf anbieten! (lacht)
Hofmann: Scherz beiseite, als Agentur für Veränderung hören wir einfach nicht auf damit, uns und unsere Arbeitsweisen laufend zu überdenken. Und damit auch unsere Tools zu verändern. Ich kenne keine andere Agentur, die derart spielerisch mit Technologie umgeht.
Wieser: Stimmt. Menschliche Kreativität und künstliche Intelligenz sind eine tolle Kombination – wenn Mindset, Skillset und Toolbox vorhanden sind. Um alle drei in Einklang zu halten, scheuen wir keine Kosten oder Mühen. Ob es 3D-Drucker, Laserscanner und VR-Brillen oder generative AIs in den verschiedensten Bereichen von Konzeption über Inszenierung und Produktion sind, wir haben alles am Start.
medianet: Sie haben Technologie angesprochen. Gerade der Digitalbereich ist ja von oft kurzlebigen Trends geprägt. Welche spielen aktuell die größte Rolle?
Wieser: Stimmt. Die laufend neuen Möglichkeiten, die Technologien bieten, verlocken sehr dazu, die Inszenierung über den Inhalt zu stellen. Und überall mitzumachen, wo die Musik gerade spielt. Das führt aber oft dazu, die eigenen Identität, die eigene Botschaft zu vergessen. Und die Stimme zu verlieren. Statt über Trends auf Ideen zu kommen, gehen wir lieber den anderen Weg.
Hofmann: Na ja, aus kreativer Sicht ist das Experimentieren mit neuen Möglichkeiten schon extrem wichtig. Uns ist dabei wichtig, unsere Empfänger zu überraschen und zu begeistern. Das zigste Lookalike Werbemittel zieht da nicht mehr. Was die Möglichkeiten von KI betrifft, stehen wir noch ganz am Anfang. In jedem Bereich. Man braucht sich nur die Entwicklung der Sozialen Medien anschauen, um zu wissen: Wir wissen noch gar nix. In der Schnittmenge der beiden sehe ich unglaubliches Potenzial, neue Trends zu generieren – kein Wortwitz –, anstatt ihnen nur zu folgen.
medianet: Was bedeuten diese Trends für die Kreativbranche?
Wieser: Neue, beeindruckende, weil noch nicht gesehene, Inszenierungen zu schaffen, ist heute dank Technologie so einfach – und kostengünstig – wie nie. Das Überangebot führt nur rasch zu einer Abstumpfung. Ich sage es nochmals: Relevant und gezielt zu filtern statt planlos breit zu scheitern, ist für mich das Wichtigste überhaupt. Hoffentlich wird das ein Trend, dann müssen wir alle viel weniger Mittelmaß ausblenden oder wegklicken …
Hofmann: Und wirklich spannend wird es natürlich dann, wenn KI nicht nur im Workflow eingebunden wird, sondern in der ‚Workforce' – also quasi aktiv eine Rolle übernimmt. Wenn man einmal ganzheitlich Aufgaben übergeben kann. Wird noch ein wenig dauern, aber das wird interessant. Und das wird uns mehr Raum und Zeit für die wichtigen kreativen Aufgaben geben, wo wir ja unseren größten Mehrwert liefern.
medianet: Welche Projekte haben das Vorjahr geprägt?
Wieser: Also als Agentur, die ja sonst eher im Zeitgeistigen und Kurzfristigen agiert, für das Technische Museum Wien eine Installation für die Dauerausstellung machen zu dürfen, die zehn Jahre und mehr aktuell bleiben soll, war definitiv ein Highlight. Big shoutout an das TMW und alle beteiligten Projektpartner an der Stelle. Es war nicht einfach, aber es hat sich gelohnt.
Hofmann: Dabei geht es darum, die Auswirkungen des eigenen Tuns auf den weiteren Verlauf des Klimawandels bewusst zu machen. Das passiert mittels bildgewaltiger Projektionen, von KI generierten aktuellen Szenarien und dem Abholen der Publikumsreaktionen via Sensoren im Raum und vielem mehr. Alles will ich nicht verraten, am besten selber vorbeischauen. Das Erlebnis ist es wert, das Thema wichtig genug.
medianet: Wie sieht es im Neukundengeschäft aus?
Hofmann: Wir durften uns über eine Reihe namhafter neuer Projekte und Kunden freuen. Es wäre fast unfair, nur ein paar davon namentlich zu nennen. Ganz besonders freut uns, dass wir zunehmend ganzheitliche Mandate gewinnen. Und so für Kunden in den verschiedensten Bereichen des Kommunikations-orchesters Akzente setzen.
Wieser: Das liegt in der Gründungs-DNA: statt die 193. Variation eines Werbemittels zu deklinieren, legen wir unser Augenmerk zuallererst auf die Rolle der Marke im Leben der Menschen. Völlig medienneutral. Erst dann schauen wir, wie wir diese Grundidee an den jeweiligen Kontaktpunkten bestmöglich zum Leben erwecken. Bei uns gilt: Kohärenz über Konsistenz. Wer seiner Zielgruppe immer nur die Wiederholung der letzten Kampagnen serviert, landet früher oder später auf dem Abstellgleis.
Hofmann: Die Menschen werden heute mehr denn je von Werbebotschaften bombardiert, da haben sie ein Recht darauf nicht nur informiert, sondern unterhalten zu werden.
medianet: Apropos Gründung – mit Studio Freude konnte eine Heimat Wien-Tochter heuer ebenfalls reüssieren. Sind weitere Ausgründungen geplant?
Wieser: Moooment, das Freude Designstudio ist keine Tochter, sondern eher wie eine Schwester von Heimat Wien. Zwar noch die kleine, aber die hat es schon faustdick hinter den Ohren. Sonst hätte sie es nicht aus dem Stand heraus geschafft, auf das Siegertreppchen zu springen. Aber im Ernst: Nach dem erfolgreichen Flügge-werden unserer Film- und Contentproduktion Erna – die haut sich gerade mit der Bagage-Film auf ein Packerl und ist in ihre eigene Location gezogen – ist der fulminante Start von Freude eine große Überraschung.
Hofmann: … und Anlass zu großer Freude. Wobei mit Simon Pointner ja die langjährige Design-Triebfeder von Heimat den Fahrersitz übernommen hat. So gesehen ist es im Rückspiegel leichter zu erklären. Letztes Jahr waren wir ganz schön damit beschäftigt, diese beiden Schwestern aufzugleisen, jetzt fokussieren wir vorübergehend wieder auf den Kern und die kreative Qualität bei Heimat Wien.
Wieser: … wobei wir schon noch eine Sache in Planung haben …
Hofmann: … über die wir jetzt aber noch nix verraten.
Wieser: Warum, hast Angst?
Hofmann: Nein, aber sonst haben wir vielleicht nächstes Jahr nix Spektakuläres zu erzählen.
Wieser (überlegt): Die Sorge hätte ich nicht … (lacht)
medianet: Damit kommen wir schon zum Abschluss – wo will Heimat Wien in fünf Jahren stehen?
Wieser: Fünfjahrespläne sind ein eigenes Thema … Also, hätte mir vor fünf Jahren jemand gesagt, dass wir heuer zum wiederholten Male ganz oben stehen und bereits zwei Ausgründungen ihre eigenen Wege gehen, ich hätte es nicht geglaubt.
Hofmann: Wer das glaubt. möge selig werden. Ich erinnere dich das nächste Mal daran, wenn du Luftschlösser baust. Außerdem steht ja in fünf Monaten schon ein neuer Milestone bevor.
Wieser: Alex! Das verraten wir hier aber fix nicht.
Hofmann: Sag ich ja.