Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
DILEMMATA. Die Wirtschaftskammer hält den Entwurf des grünen Klimaschutzministeriums in einem internen Papier für „untragbar” und „überambitioniert”; eine „ideologiegetriebene Bestrafungsfantasie” sei die darin skizzierte Anhebung der Steuern auf fossile Energieträger, so berichtet der Standard. Öffentlich bekennt sich die WKÖ zu den Pariser Klimazielen, die die Erderwärmung auf 1,5 Grad begrenzen sollen.
Laut Prognosen des Analyseprojekts „Climate Action Tracker” (CAT), die kürzlich im Rahmen des 12. Petersberger Klimadialogs in Berlin vorgestellt wurden, wird die globale Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts bei 2,4 Grad Celsius liegen – selbst wenn alle geplanten Klimaschutzmaßnahmen in vollem Umfang umgesetzt werden. Wenn die Erwärmung über gewisse Kipppunkte steigt, verursacht das unumkehrbare Rückkopplungen. Darüber herrscht weltweit Einigkeit bei den Klimaforschern. „Das Dilemma lässt sich mit der Corona-Situation vergleichen”, so Ökosystemforscher Andreas Richter von der Uni Wien: „Die Politik handelt erst, wenn die Intensivstationen schon überfüllt sind.” Und: Eine Erderwärmung um mehrere Grad werde „nicht das Ende der Erde sein, es wird auch nicht das Ende der Menschen sein, aber es wird das Ende der Zivilisation sein, wie wir sie jetzt kennen”.
Die Vereinbarkeit von Wirtschaft und Ökologie ist möglich – probieren muss man es halt. Und billig wird das erst einmal auch nicht. Der Return on Investment wäre allerdings in kaufmännischer Hinsicht wie auch aus Perspektive des abzuwendenden Klimakatastrophe in Sicht. Ob man auf neue Technologien setzt, auf Einsparpotenziale oder auf alternative Steuermodelle, ist weitgehend egal. Das ist und bleibt auch der Spielraum der Politik, die per Investitionen und Besteuerung die Richtung vorgibt. Den Rest regelt der Markt – auch mittels sinkender Kosten durch innovative Lösungen. Die einzige Sache, die zählt, ist letztendlich die Zielerreichung. Wenn man langfristig plant und denkt. Erkennen Sie das Dilemma?