Druck auf die Druckbranche
MARKETING & MEDIA 03.02.2015

Druck auf die Druckbranche

Gastbeitrag Bernhard Helminger übt scharfe Kritik an der Gewerkschaft, die den Schwund an Arbeitsplätzen zu verantworten habe

Hoher Kollektivvertrag schuld an der Halbierung der Anzahl der Mitarbeiter im grafischen Gewerbe.

Salzburg. Es ist amtlich: Die Anzahl der Mitarbeiter im grafischen Gewerbe hat sich binnen nicht einmal 15 Jahren halbiert. Auch die Anzahl der Druckereien dürfte sich ähnlich stark verringert haben, im Land Salzburg schließt im Schnitt ein mittelständischer Betrieb pro Jahr.

Warum die heimischen Unternehmen gegen die Konkurrenz aus Süd- und Osteuropa den Kürzeren ziehen, liegt an einem entscheidenden Wettbewerbsnachteil: den in Österreich exorbitant hohen Lohnkosten! In kaum einer anderen Branche lässt der Kollektivvertrag (KV) ähnlich hohe Gehälter zu wie in der Druckindustrie, da geht ein Facharbeiter im Schichtbetrieb schon mal mit 4.000 Euro netto heim und verdient damit mehr als der Firmeneigner, der in Krisenzeiten sein Gehalt auf mäßigem Niveau halten muss. Die hohen Löhne gehen auf die Zeit vor dem EU-Beitritt und der Osterweiterung zurück, in der die heimische Druckbranche noch geschützt war vor ausländischer Konkurrenz. Zudem erforderte der Beruf des Druckers damals noch eine hohe Qualifikation, war körperlich anstrengend und aufgrund der verwendeten Chemikalien ungesund. Heute arbeiten Druckmaschinen vollautomatisch. Das Papier wird mit Kränen in die Maschinen ein- und ausgehoben; über das farblich perfekte Ergebnis wacht ein Computersystem. Natürlich leiden die Offset-Druckereien auch unter einem Strukturwandel, der „Kuchen” wird nicht größer: Was früher der gedruckte Katalog war, ist heute der Webshop, digitale Druckmaschinen, ja sogar bessere Farbkopierer, bieten eine ansprechende Qualität, viele Kunden gestalten und drucken ihr Zeug dank InDesign und Co. einfach selbst. Im Klein-Auflagen-Bereich schmerzt Flyeralarm.Um den Kopf über Wasser zu halten, haben einige Druckereien in Ostösterreich ihre Produktion oder zumindest Teile in die Slowakei oder Ungarn ausgelagert. Am traditionellen österreichischen Standort betreiben sie nur noch ein Büro, die ehemaligen Produktionshallen aber sind leer, die Maschinen arbeiten auf der anderen Seite der Staatsgrenze, dort, wo der heimische KV nicht mehr gilt.Möchte man verhindern, dass täglich weitere Arbeitsplätze verloren gehen, steht ein zäher Kampf mit der Gewerkschaft bevor, die für ihre Mitglieder zwar stets gut verhandelt, in Wahrheit aber den Schwund an Arbeitsplätzen zu verantworten hat. Wie es gehen könnte, zeigen heimische Digital-Druckereien: Diese firmieren als Werbeagenturen und umgehen damit den Drucker-KV.

Ein Gastbeitrag von Bernhard Helminger, Verlagsleiter Colorama Salzburg und Wirtschaftssprecher der Neos-Landesgruppe.

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