Ein fliehender Wechsel: Strache wird PR-Berater
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MARKETING & MEDIA Redaktion 31.10.2019

Ein fliehender Wechsel: Strache wird PR-Berater

Der ehemalige Vizekanzler und FPÖ-Chef geht in die PR. medianet fragte in der Branche nach, was man davon hält.

••• Von Dinko Fejzuli

Es ist zwar nicht ganz das Motto, „Wer nix wird, wird Wirt”, aber bei manch einem beruflichen Wechsel eines Politikers in die Privatwirtschaft drängt sich dieser Gedanke bei dem ein oder anderen offensichtlich auf.

So etwa bei den Beteiligten der heimischen PR-Branche, die sich aktuell die Frage stellen, welche Qualifikation Heinz-Christian Strache denn nun genau besitze, um neben ihnen erfolgreich zu reüssieren – nachdem der Ex-Vizekanzler einen Gewerbeschein für PR-Berater gelöst hat, wie das Nachrichtenmagazin profil vor Kurzem berichtet hat.

„Kein Grund zur Panik”

medianet hat sich in der heimischen Kommunikationsszene und bei PR-Profis und ehemals in der Politik tätigen PR-Beratern umgehört, um zu erfahren, was man so vom Wechsel des Ex-Politikers in die eigene Branche hält.

Für manche vielleicht überraschend: Nicht alle zeigen sich aufgeregt ob der Causa Strache & PR. So etwa Christian Kollmann, Geschäftsführer der Kommunikationsagentur communication matters, der gegenüber media­net eher zur Unaufgeregtheit mahnt: „Unsere Branche sollte sich abgewöhnen, bei derartigen Vorkommnissen sofort in Schnappatmung zu verfallen und wie eine aufgescheuchte Hühnerherde durch die Sozialen Netzwerke zu gackern. Ein – an sich selbst – gescheiterter Ex-Politiker löst einen PR-Gewerbeschein. Macht natürlich keine Freude, ist aber auch kein Grund, den Panik-Modus auszurufen.”
Und in Bezug auf die Qualifikation, die man mitbringen sollte, um erfolgreich zu sein, und den Ruf, den die Branche an sich hat, meint Kollmann: „Wir sind als PR-Branche in Österreich bestens etabliert, die vielfältigen Anstrengungen in Sachen Qualität und Ethik – genannt seien an dieser Stelle nur der Ethik-Rat und das Österreichische PR-Gütezeichen – haben Früchte getragen. Kurz: Wir haben dort, wo es notwendig ist, einen ausgezeichneten Ruf. Den wird auch Herr Strache nicht gefährden. Ich kann das mangelnde Selbstbewusstsein der Branche überhaupt nicht verstehen. In den letzten Tagen habe ich natürlich auch mit Kunden über diese Causa geplaudert – mit dem Ergebnis, dass deswegen selbstverständlich niemand auch nur in Ansätzen beginnt, die Qualität und die ethische Ausrichtung der heimischen Branche in Zweifel zu ziehen. Ganz im Gegenteil, bietet sich dadurch sogar die Gelegenheit, auf die Qualität der eigenen Arbeit und der eigenen Mitarbeiterinnen hinzuweisen. Etwas, das der PRVA ja in den letzten Tagen dankenswerterweise auch gemacht hat.”
Auf die Frage, was denn Ex-Politiker nun befähige, von der Politik direkt in die PR-Branche zu wechseln, verweist Susanne Hudelist, Geschäftsführerin der PR-Agentur ikp, darauf, dass es darauf ankomme, was genau der Politiker vor seinem Wechsel getan hat, und zeigt sich skeptisch, denn: „In der Regel bringen sie ihr Netzwerk ein und manchmal auch Erfahrungen aus erfolgreich ausgeübten Brotberufen. Das Parlament oder ein Parteiclub sind jedenfalls keine vom PRVA prädikatisierten PR-Ausbildungsstätten.”
Für Strache, der nun in seiner Rolle als PR-Berater zwangsläufig mit Journalisten zu tun haben wird, könnte es schwierig sein, wie Hudelist gegenüber medianet nicht ohne Ironie anmerkt: „Journalisten als Huren zu bezeichnen, ist definitiv eine grandiose Voraussetzung für eine respektvolle Zusammenarbeit”. Nachsatz von Hudelist: „Aber mit Unzensuriert und Co. wird’s schon klappen. Jedenfalls weiß jeder potenzielle Auftraggeber, wen er sich da als ‚Berater' einkauft.”
Carola Purtscher, Gründerin und Eigentümerin ihrer PR-Agentur Purtscher Relations, ist ebenfalls skeptisch, ob der scheinbar recht kurze Weg vom Politiker zum PR-Berater am Ende tatsächlich nicht zu kurz gewesen sein könnte: „Gewerbescheine sind schnell gelöst, aber Unternehmensgründungen sind Lebensentscheidungen. Speziell PR-Agenturen gründet man am besten als Krönung einer fundierten Kommunikationsausbildung und nach langen Erfolgsserien, aber sicher nicht als Notausgang nach schweren Niederlagen.”
Auch deshalb, so Purtscher, weil „Dankbarkeit keine politische Größe” sei, wo man dann in einem „diskreten Ausgedinge für Altpolitiker” sein vermeintliches Netzwerk beruflich nutzen könne. Am Ende des Tages komme es dann nämlich doch auf das eigene Können an.”
Ähnlich sieht das auch Eva Mandl, Gründerin der PR-Agentur Himmelhoch. Auch sie verweist auf die Notwendigkeit einer fundierten Ausbildung, da es eben nicht genüge, den Kontakt zu Medien aus dem beruflichen Vorleben als Qualifikation anzusehen: „Für Heinz-Christian Strache gelten dieselben Voraussetzungen wie für alle anderen, die den Beruf des PR-Beraters ausüben wollen: Eine gute einschlägige Ausbildung und laufende Weiterbildung, langjährige Erfahrung, fundiertes Wissen über die verschiedensten Werkzeuge der PR und nicht zuletzt ein breites Netzwerk. Wenn man selbst viel mit Medien zu tun hatte, heißt das nicht automatisch, dass man ausreichend qualifiziert ist – wie auch die Außenwirkung seiner Eigen-PR in den letzten Wochen deutlich gezeigt hat.”

Erfolgreiche Beispiele

Den Wechsel höchst erfolgreich gemeistert hat Karin Strobl, ehemalige Kommunikationschefin der Grünen und davor langjährige Journalistin für diverse große österreichische Zeitungen.

Seit einem guten Jahr ist Strobl nun als Senior Consultant bei Heidi Glück tätig, die selbst einmal Sprecherin des ehemaligen Kanzlers Wolfgang Schüssel war und in ihrer gleichnamigen Agentur für strategische Kommunikationsberatung erfolgreich tätig ist.
Zum Wechsel von HC Strache auf die PR-Seite meint Strobl: „In der Politik gibt es ganz andere Dos und vor allem Don’ts als in der Wirtschaft. Menschen, die in der Politik gearbeitet haben, wissen ob dieser politischen Abläufe sehr gut Bescheid und können Unternehmen helfen, Politik verständlich zu machen. Das gilt auch für Heinz-Christian Strache als ‚Neo-Berater'. Ob ihn ein Auftraggeber derzeit engagiert, wird wohl eine Abwägung zwischen der öffentlichen Aufmerksamkeit, die Strache gerade widerfährt, und der Klärung der Vorwürfe gegen ihn sein.”
Den Wechsel von einer Partei – in diesem Fall jenen von der ÖVP – auf die Beraterseite hat auch Silvia Grünberger, langjährige Chefin der jungen ÖVP und für diese auch Abgeordnete zum Nationalrat, hervorragend gemeistert. Sie ist mittlerweile Managing Partner von Rosam.Grünberger | Change Communications und berät Kunden bei der strategischen Positionierung in Wirtschaft, Politik und Medien. Sie verweist medianet gegenüber vor allem darauf, dass man „als Berater mit einer politischen Vergangenheit nicht neutral gesehen wird. Mal sind es Vorschusslorbeeren, die einem entgegengebracht werden, mal ist es Skepsis, die man spürt. Ich selbst habe die ersten Jahre in der Agentur sehr hart dafür gearbeitet, um das Vertrauen aller unserer langjährigen Kunden zu gewinnen und neue Kunden in alle Richtungen zu akquirieren. Ausschlaggebend für den Erfolg ist am Ende immer die Leistung, die man erbringt. Wegen ein paar flotter Sprüche fliegen einem noch keine Aufträge zu und man darf sich auch nicht zu wichtig nehmen.”
Mit der Frage, welche Folgen der fliegende Wechsel von Politikern in die PR-Branche hat und welchen Eindruck dies hinterlässt, beschäftigt sich Jürgen Gangoly, Geschäftsführer von The Skills Group. „Die für qualitativ hochwertige PR-Beratung notwendige Erfahrung und die handwerklichen Fähigkeiten dahinter kann man natürlich nicht von einem Tag auf den anderen erlernen. Solche Spontanwechsel von Politikern erwecken in der Öffentlichkeit aber leider diesen falschen Eindruck und schaden damit der gesamten PR-Branche.”
Und, so Gangoly: „Nach Ibiza ist es außerdem nur schwer vorstellbar, dass jemand, der offensichtlich Journalisten verachtet und unabhängige Medien als Spielball der Politik sieht, von ebendieser Medienlandschaft als beruflicher Vermittler und seriöse Informationsquelle akzeptiert wird.”

Die Folgen für die Branche

Gangoly denkt auch darüber nach, ob man den Weg in die PR-Branche nicht neu regeln sollte: „Die gesamten PR-Branche – und auch die Politik – sollte darüber nachdenken, ob es nicht an der Zeit wäre, den Zugang zum Gewerbeschein ‚PR-Beratung' einzuschränken und an strenge Ethik-, Ausbildungs- und Qualitätskriterien zu binden. Unqualifizierte und unseriöse PR-Beratung kann schließlich enorme wirtschaftliche Schäden und auch gesellschaftliche Probleme verursachen.”

Christian Krpoun, Geschäftsführer des Österreichischen PR-Gütezeichens, schlägt in eine ähnliche Kerbe, wenn er auf die hohen Standards in der eigenen Branche verweist: „Unsere Branche verlangt von den PR-Treibenden ein absolut verantwortungsvolles Agieren, das sich an klaren Qualitätsstandards und ethischen Richtlinien orientiert. Öffentlichkeitsarbeit geht nach unserem Verständnis mit praxisorientierter Ausbildung, mit sehr guter Arbeits-, Ablauf- und Organisationsqualität, mit Erfahrung in entsprechenden Teams – entweder auf Agentur- oder auf Unternehmensseite – sowie mit dem höchsten Anspruch an ethisch saubere Kommunikation einher.”
Generell heißt es seitens des PR Ethik-Rats gegenüber medianet: „Ein professioneller Kommunikationsberater muss dafür nicht nur gesetzliche Regeln einhalten, sondern vor allem ethische Verantwortung übernehmen. Daran möchten wir einen Ex-Politiker erinnern, der Journalisten als ‚die größten Huren des Planeten' bezeichnete”.
Im Zuge der Recherche zu diesem Artikel haben wir auch Heinz Christian Strache um seine Sicht der Dinge zu seinem Wechsel in die PR-Branche gebeten; bis Redaktionsschluss errichte uns leider kein Statement.

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