Leitartikel ••• Von Sabine Bretschneider
CAMPAIGNING. Wifo-Chef Christoph Badelt hat sich zu Wort gemeldet: Er äußerte bei einer Festrede zum WKO-Wirtschaftsparlament in Wien Unverständnis für den wachsenden Protektionismus und die auch in Österreich heftig kursierende Kritik an der Globalisierung. Das Maß an Kritik sei gerade für ein Land wie Österreich „verrückt zur Potenz”, sagte Badelt am Donnerstag laut Aussendung der Kammer. Mit der Einschätzung, dass Volkes Stimme – und viele derer, die meinen, deren Sprachrohr zu sein – zeitweise klingt, als wären einige neurologische Defizite mit im Spiel, steht er nicht ganz alleine da. Der „Hall in den eigenen Echokammern” (lesen Sie dazu den Kommentar von Kollege Fejzuli auf Seite 40 dieser Ausgabe) erzeugt Stimmen im Kopf, die zu gefährlichen Einflüsterern werden.
Die Globalisierung jedenfalls – die vor gar nicht allzu langer Zeit ohnehin noch ein ebensolches Schreckgespenst war wie heute die Digitalisierung – löst derzeit nur mehr negative Gefühle aus. Im optimalen Fall. In Kombination mit dem rituellen Austausch politischer Entscheidungs- und Würdenträger taugt sie momentan vor allem als Zündstoff für Revolten. Gekoppelt mit dem Unbehagen an der Migration und der zunehmenden Ungleichheit, entsteht eine geradezu erschütternde Vertrauenskrise.
Die Brioche-Lüge
Wenn die Aussage des designierten US-Präsidenten auf Verständnis stößt, dass die globale Erwärmung von den Chinesen und für die Chinesen erfunden wurde, um die US-Produktion wettbewerbsunfähig zu machen, kann man sich auch wieder besser vorstellen, dass die Kampagne, die Marie-Antoinette in den Mund legte dass sie „doch Kuchen essen sollen”, einmal richtig gut angekommen ist. Dass die Gefahr, die von groß angelegten Desinformations- und Fake News-Kampagnen ausgeht, jetzt von der EU ernst genommen und die zuständige Behörde mit den nötigen Mitteln ausgestattet wird, ist zumindest ein erster Schritt.